Schwesig erinnert an November 1989

Es waren verrückte, unvergessliche Tage

Schwerin – Am Abend des 9. November 1989 wurde auch im Norden die Grenze zwischen DDR und Bundesrepublik Deutschland geöffnet. Die Landesregierung erinnerte mit einem Festakt in Dassow an den Mauerfall und die Öffnung der Grenzen.

Bereits um 21.53 Uhr habe am 9. November 1989 der erste Trabi die Grenze bei Lübeck-Schlutup passiert. „In den nächsten Stunden und Tagen bildeten sich Autoschlangen zwischen Schlutup und Selmsdorf. Ostdeutsche fuhren in den Westen. Westdeutsche kamen an die Grenze. Es wurde angestoßen mit Sekt und Bier, es gab Hupkonzerte und Umarmungen. Es waren Tage voller Begeisterung, voller Hoffnung, voll ungläubigen Staunens. Verrückte, unvergessliche Tage“, erinnerte Schwesig an die Ereignisse am Abend des 9. November und in den Tagen danach.

„Ich glaube, kaum jemand hat sich am 9. November 1989 vorstellen können, dass Deutschland nur ein Jahr später vereint sein würde. Aber eines war klar: Aus der friedlichen Revolution mit ihren Demonstrationen und ihren Kerzen war eine Massenbewegung geworden. Viele hatten sich getraut, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren. Wir haben erlebt, dass es möglich ist, etwas zu verändern, wenn man gemeinsam aufsteht. Es ist sogar möglich, etwas zu verändern, was so betonfest scheint wie die DDR und die Mauer. Das nehmen wir mit aus dem November 1989“, erklärte die Ministerpräsidentin.

Mauer und Grenzbefestigungen seien schon bald abgebaut gewesen. „Aber was danach kam, waren für viele erstmal bewegte Zeiten“, sagte Schwesig mit Blick auf die Jahre nach 1990. „Alle, die sich im Herbst 89 auf den Weg gemacht haben, mussten ihr Leben neu einrichten und die Regeln einer anderen Gesellschaft lernen. Das ging nicht ohne Verletzungen und Enttäuschungen. Und weil die Hoffnungen 1989 so groß waren, taten diese Enttäuschungen besonders weh.“

Insgesamt sei die Entwicklung seit 1990 jedoch eindeutig positiv. „Mecklenburg-Vorpommern ist heute ein Land, in dem die Menschen gern leben. 88 Prozent finden, dass sich Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen 30 Jahren gut entwickelt hat. Die Menschen in Ostdeutschland haben eine gewaltige Aufbauleistung vollbracht, die Anerkennung und Respekt verdient.“

Die Ministerpräsidentin warb in ihrer Rede für Offenheit und einen respektvollen Umgang in der Demokratie. Auch das gehöre zum Erbe des Herbstes 1989. „Demokratie ist die Vielfalt von Meinungen. Das auszuhalten, kann anstrengend sein. Aber es ist auch spannend. Die Aufgabe von Politik ist es, in der Vielfalt der Meinungen einen Weg zu finden, auf dem möglichst viele mitgehen können. Das ist es, was Demokratie stark macht“, erklärte die Ministerpräsidentin.

„Die Mutigen, die im Herbst 1989 auf die Straße gegangen sind, haben Meinungsfreiheit und Demokratie für uns erkämpft. Die Neugierigen, die sich am 9. November 1989 auf den Weg in den Westen gemacht haben, wollten Grenzen überwinden, keine neuen Grenzen ziehen. Das lassen wir uns nicht nehmen. Wir lassen uns nicht spalten. Wir können unterschiedlicher Meinung sein und uns doch respektieren. Und wir können gemeinsam etwas verändern. Das haben wir 1989 gezeigt“, so Schwesig. Die Landesregierung werde in den kommenden Monaten unter dem Motto „Gemeinsam 30“ an die Ereignisse vor 30 Jahren und das 30-jährige Bestehen des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern erinnern. Im Vordergrund stehe dabei der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, auch über die Zukunft des Landes. Der Landesgeburtstag werde mit einem MV-Tag im September in Greifswald gefeiert.

Im Anschluss an die Festveranstaltung in Dassow reiste die Ministerpräsidentin Schwesig weiter nach Lübeck-Schlutup, wo sie mit ihrem schleswig-holsteinischen Amtskollegen Daniel Günther zusammentraf. Auf dem Programm standen hier die Eröffnung eines Festes am ehemaligen Grenzübergang und ein Besuch des Grenzmuseums. „Ich finde es wichtig, dass wir mit einem gemeinsamen Fest an die Grenzöffnung erinnern. Es ist ein großes Glück und noch immer Anlass zur Freude, dass wir heute wieder in einem vereinten Deutschland leben“, sagte Schwesig in Schlutup. „Wir erinnern uns, wir freuen uns, wir feiern gemeinsam: Nachbarn, Freunde, Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Zusammen sind wir Norddeutsche. Das verbindet uns.“

9. November – ein Tag der Freude und ewigen Mahnung

Schwerin/Ratzeburg – Justizministerin Katy Hoffmeister vertritt heute in Ratzeburg zum Festgottesdienst die Landesregierung und gedenkt in Schwerin der Opfer der Pogromnacht.

„Gerade in diesem Jahr liegen am 9. November Jubel und Entsetzen sehr dicht beieinander. Wir feiern zum 30. Mal den Mauerfall, der ein Glücksfall für die deutsche Geschichte war. Doch es ist auch ein schrecklicher Tag in der deutschen Geschichte. Und der antisemitische Anschlag von Halle zeigt uns auch 86 Jahre danach, dass unsere Demokratie auch wehrhaft und wachsam sein muss“, so Justizministerin Hoffmeister.

Als Vertreterin der Landesregierung nimmt sie in Ratzeburg am Festgottesdienst zum 30. Jahrestag des Mauerfalls teil. Danach ist sie als Ministerin, zuständig für Kirchen- und Religionsangelegenheiten, in Schwerin zur Mahn- und Gedenkstunde der jüdischen Gemeinde anlässlich der Reichspogromnacht 1933.

„Der Mauerfall, egal wie er heute interpretiert wird, hat uns Ostdeutschen den Weg in die Freiheit gebahnt. Wir haben das selbst hinbekommen, uns zu befreien aus Willkür und permanenter Überwachung. Es ist wichtig, dass wir jedes Jahr daran erinnern. Der Mauerfall ist weltweit ein Symbol dafür, dass sich ein Volk auf Dauer nicht einsperren lässt. Noch immer haben wir die Geschichte vor dem Mauerfall nicht aufgearbeitet. Doch das ist eine Aufgabe, die in den nächsten Jahrzehnten anhalten wird“, sagte die Ministerin.

„Doch neben der Freude über diesen historischen Tag liegt auch die ewige Mahnung an die schrecklichen Ereignisse in der Reichspogromnacht. Unser Grundgesetz sichert allen Religionen die Freiheit zur friedlichen Ausübung zu. Das darf niemals in Frage gestellt werden. Die Nacht der brennenden Synagogen gehört zu den dunkelsten Kapitel in der deutschen Geschichte. Mit aller Kraft stellen wir uns neuem aufkeimendem Antisemitismus und werben für unsere offene und friedliebende Gesellschaft“, so Justizministerin Hoffmeister.

30 Jahre Mauerfall

Schwerin – Heute jährt sich zum 30. Mal der Tag des Mauerfalls. „Dieser Tag ist bis heute jedes Jahr auf´s Neue ein Tag voller Freude, Dankbarkeit und Respekt. Das gilt besonders auch für die vielen mutigen Menschen, die für uns alle auf die Straße gegangen sind. Die Lebensverhältnisse sind bei uns im Land bis heute Stück für Stück besser geworden. Die Arbeitslosigkeit sinkt weiter, die Infrastruktur wird ausgebaut, Unternehmen stellen ein und neue Jobs entstehen. Heute boomt die maritime Industrie wieder, in der Gesundheitswirtschaft entstehen viele Arbeitsplätze und der Tourismus wächst weiter. Handwerk und Industrie sind unverzichtbare Säulen unserer Wirtschaft. Das spornt uns weiter an. Vieles ist gelungen, Rückschläge hat es gegeben. Wir haben vor allem auch wirtschaftlich noch Nachholbedarf“, sagte der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit, Harry Glawe am Freitag.

Wirtschaftsminister Glawe machte deutlich, dass Mecklenburg-Vorpommern weiter auf Förderung angewiesen ist. „Dafür setzen wir uns beim Bund und bei der EU ein. Die Förderungen geben Impulse für weiteres Wirtschaftswachstum. Die europäischen Mittel sind ein unverzichtbarer Baustein der Unterstützung für unser Land. Wir brauchen weiter Anreize für Investitionen, für mehr Forschung und Entwicklung sowie für die Unterstützung beim weiteren Ausbau der Infrastruktur“, forderte Wirtschaftsminister Glawe weiter. „Innovative Produkte, Technologien und Dienstleistungen sind der Schlüssel für mehr Wertschöpfung. Entscheidend ist, dass neben den Forschungsstätten, wo Innovationen zur Marktreife vorangetrieben werden, auch die Fabriken entstehen, wo die Erzeugnisse produziert werden. Das sichert langfristig Arbeit im Land.“

Mecklenburg-Vorpommern stehen von 2014 bis 2020 insgesamt 1,45 Milliarden Euro Fördermittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung. Die Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt/BIP) ist in Mecklenburg-Vorpommern weiter gewachsen. Im ersten Halbjahr 2019 ist im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr das Bruttoinlandsprodukt nach Angaben des Statistischen Amtes um 1,5 Prozent gewachsen. Mit rund 44,9 Milliarden Euro wurde im Jahr 2018 das historisch höchste Bruttoinlandsprodukt des Landes erzielt.

„Mecklenburg-Vorpommern hat an Attraktivität für Investitionen in den vergangenen Jahren deutlich gewonnen. Das belegen beispielsweise Ansiedlungen wie Oetker in Wittenburg, Liebherr in Rostock, Nestlé in Schwerin oder Continental in Anklam. Wir haben noch eine Menge aufzuholen. Der eingeschlagene Kurs von verstärkten überregionalen Aktivitäten im In- und Ausland macht sich bei uns bemerkbar. Wir müssen weiter aktiv um Neuansiedlungen werben. Jede Ansiedlung schafft neue Jobs. Es muss uns noch besser gelingen, dass Mecklenburg-Vorpommern bei Investoren noch besser auf die Landkarte rückt“, forderte Glawe weiter. „Das Standortmarketing wird weiter intensiviert. Messen sowie gezielte Investorentreffen vor Ort sind geeignete Mittel, die sich immer mehr bewähren. Zu den Schwerpunktmärkten gehören beispielsweise Österreich und die Schweiz.“

Seit 1990 wurden über 9.500 Investitionsvorhaben in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Gesamtinvestitionsvolumen in Höhe von rund 20,05 Milliarden Euro und Investitionszuschüssen in Höhe von über 4,39 Milliarden Euro unterstützt. Durch Investitionsvorhaben im Rahmen der einzelbetrieblichen Förderung sind in Mecklenburg-Vorpommern rund 98.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. 99,5 Prozent aller Unternehmen des Landes gehören quantitativ zu den kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Unternehmen sind Arbeitgeber für 79,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Im Rahmen der kommunalen Infrastruktur (inklusive der touristischen Infrastruktur) wurden im Zeitraum von 1990 bis August 2019 mehr als 2.620 Vorhaben unterstützt. Das Wirtschaftsministerium hat rund 3,2 Milliarden Euro an Zuschüssen ausgereicht. Damit wurden Gesamtinvestitionen von rund 4,8 Milliarden Euro ausgelöst. „Wir setzen weiter auf qualitative Wertschöpfung und Beschäftigung im Land. Mittelstandsförderung, Unternehmensnachfolge und Fachkräftesicherung sind dabei wichtige Punkte. Es sind gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, die Mecklenburg-Vorpommern wirtschaftlich prägen. Sie sorgen für Wertschöpfung und vor allem für Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich in der Wendezeit mit vollem Einsatz und auch hohem persönlichen Risiko selbstständig gemacht. Heute werden viele für ihren Mut belohnt“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe abschließend.