Neue Düngelandesverordnung

Backhaus: Kritik an Landes-Messstellennetzwerk unseriös

Schwerin – Seit dem 27.10.2020 läuft die Ressort- und Verbändeanhörung zum Entwurf der neuen Düngelandesverordnung, die am 23.11.2020 enden wird. Um diesen Verordnungsentwurf sind vor allem im Berufsstand Diskussionen entbrannt, da in der Düngelandesverordnung die „roten Gebiete“ neu bestimmt werden. So suggeriert ein vom Bauernverband in Auftrag gegebenes Gutachten offenbar, dass die zugrunde gelegten Messstellen nicht den rechtlichen Anforderungen entsprächen und damit die Gebietsausweisung auf falschen Grundlagen beruhe.

Dies weist Agrar- und Umweltminister Dr. Till Backhaus konsequent zurück und fordert den Bauernverband auf, das Gutachten zugänglich zu machen. Dem Ministerium liegt es derzeit nicht vor. Der Minister stellt erneut einige in der Kritik stehende Punkte klar:

Erster Punkt ist, dass die Anforderungen an die Messstellen, die für die Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete verwendeten werden, von der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung bestimmt werden. „Wir haben diese Anforderungen eingehend geprüft und kommen zu dem Ergebnis, dass unsere Messstellen diesen Anforderungen genügen,“ so Minister Dr. Backhaus. Er stellt auch klar, dass hohe Nitratgehalte nicht davon herrühren, wie mächtig der Grundwasserleiter ist, in welcher Tiefe die Messstelle verfiltert ist oder welchen Abstand die Wassersäule über den Filter der Grundwassermessstelle aufweist. „Das Nitrat generiert sich nicht aus dem Grundwasserleiter, sondern aus den überschüssigen Einträgen aus der Flächennutzung im Zustromgebiet der Messstelle“, erklärt Minister Dr. Backhaus und meint, dass die Grundwassermessstellen nicht das Problem sind.

Zweiter Punkt ist, dass eine Trendbetrachtung nur in den Fällen erforderlich ist, wie sie in der Düngeverordnung (DüV) des Bundes in § 13a DüV fixiert sind. Demnach sind nur die Messstellen auf einen Trend zu überprüfen, die Nitratgehalte zwischen 37,5 und 50 mg/l aufweisen. Bei der jetzt anstehenden Gebietsausweisung ist es bei Messstellen, die mehr als 50 mg/l Nitrat aufweisen, also unerheblich, ob diese hohen Nitratgehalte in den vergangenen Jahren zunehmen, stagnieren oder abnehmen. Überschritten ist überschritten. „Bei der aktuellen Gebietsausweisung ist lediglich ein Teilgebiet als mit Nitrat belastetes Gebiet ausgewiesen, weil dort eine Messstelle mit mehr als 37,5 mg/l Nitrat und steigendem Trend steht,“ informiert Minister Dr. Backhaus.

Ein dritter Aspekt betrifft die Diskussion, ob die belasteten Grundwassermessstellen überhaupt ein Zustromgebiet aufweisen, das landwirtschaftlich genutzt wird. Anders als bei den eutrophierten Gebieten kommt es laut Bundesdüngeverordnung bei den Nitratgehalten im Grundwasser nicht darauf an, signifikante Einträge aus landwirtschaftlichen Quellen nachzuweisen. Minister Dr. Backhaus weist darauf hin, dass das natürlich nicht nur für die mit Nitrat belasteten Messstellen gilt, sondern auch für alle unbelasteten Messstellen, die bei der Gebietsabgrenzung zwischen unbelasteten und belasteten Gebieten eine ebenso wichtige Rolle spielen. Wird als Indikator für eine landwirtschaftliche Nutzung im Zustromgebiet einer Messstelle der Nachweis von Pflanzenschutzmittelrückständen herangezogen, dann weisen nur lediglich fünf Messstellen der insgesamt 91 mit Nitrat belasteten Messstellen keine Rückstände (fünf Messstellen) bzw. keine Daten (zwei Messstellen) dazu auf. Das heißt, bei mindestens 84 Messstellen (ca. 92,3 %) sind nicht nur die Nitratgehalte erhöht, sondern ist auch der Nachweis von Pflanzenschutzmittelrückständen erbracht. Die gefundenen Pflanzenschutzmittelrückstände in den mit Nitrat belasteten Messstellen sind ein starkes Indiz für die landwirtschaftliche Nutzung im Zustromgebiet dieser Messstellen. „Vor allem bei diesen Messstellen ist davon auszugehen, dass eine verringerte Düngung im Zustromgebiet zu einer Abnahme der Nitratgehalte in diesen Messstellen führt,“ schätzt Minister Dr. Backhaus mit Blick auf die Wirkung der in Rede stehenden Maßnahmen in diesen roten Gebieten ein.

Vierter Punkt ist, dass jetzt auch Teilgebiete um belastete Messstellen in solchen Grundwasserkörpern betroffen sind, die bislang nicht zur Kulisse der DüLVO gehörten. In den alten roten Gebieten werden also zukünftig weniger Landwirte betroffen sein; Landwirte, die außerhalb der alten roten Gebiete lagen, werden zukünftig in mit Nitrat belasteten Gebieten wirtschaften. Dieser Umstand geht auf eine Forderung der EU-Kommission zurück, alle belasteten Messstellen zu betrachten, unabhängig davon, ob der Grundwasserkörper bzgl. Nitrat im chemisch schlechten oder guten Zustand ist.

Als fünften Aspekt erinnert Minister Dr. Backhaus daran, dass die Erlasse der neuen Bundesdüngeverordnung und der geänderten Landesverordnungen nicht nur dem Gewässerschutz dienen, sondern auch ein Zweitverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof verhindern sollen, bei dem der Bundesrepublik ein Zwangsgeld von bis zu ca. 857.000 € pro Tag bis zur Beendigung des Verstoßes droht. „Mir ist sehr daran gelegen, dass wir in M-V den Anforderungen, die die Bundesdüngeverordnung und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung stellen, vollumfänglich gerecht werden, aber auch nicht darüber hinaus gehen“, erläutert Minister Dr. Backhaus das Vorgehen zur aktuellen Gebietsausweisung. Hinsichtlich des Vergleichs mit dem Vorgehen anderer Bundesländer schätzt Minister Dr. Backhaus ein, dass die Bundesdüngeverordnung und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung den Forderungen beider Seiten (Landwirtschaft und EU-Kommission) gerecht werden und jedes Bundesland versuchen wird, diese Anforderungen umzusetzen.

Unterschiede wird es daher nur geben, wenn die Messnetzdichte, die bodenklimatischen bzw. naturräumlichen und agrarstrukturellen Gegebenheiten oder die Datengrundlagen für die Modellierung und die Berechnung der Stickstoffsalden von Land zu Land unterschiedlich sind. Aber auch diese Unterschiede bewegen sich im Rahmen dessen, was die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung zulässt.

Sechster und abschließender Punkt ist, dass alles darangesetzt werden sollte, dass die Düngelandesverordnung am 01.01.2021 in Kraft tritt. Gelingt dies nicht, gelten die strengen Maßnahmen der Bundesdüngeverordnung nicht nur in den alten roten Gebieten der derzeit gültigen Düngelandesverordnung, sondern darüber hinaus auch für alle landwirtschaftlich genutzten Flächen in den anderen Grundwasserkörpern, die eine belastete Messstelle aufweisen. Dies ist in der Bundesdüngeverordnung so festgeschrieben. „Dann sprechen wir nicht mehr von 12 %, sondern von einem Mehrfachen an landwirtschaftlicher Nutzfläche, die als rote Gebiete gelten,“ fasst Minister Dr. Backhaus die Situation für M-V zusammen und versichert, dass er das tunlichst vermeiden möchte.

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