Schwerin – Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat heute die Bürgerinnen und Bürger auf ihrem Empfang zum Tag der Deutschen Einheit und zum 35-jährigen Bestehen des Landes Mecklenburg-Vorpommern dazu aufgerufen, für die Demokratie einzutreten und sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen: „Machen Sie mit! Engagieren Sie sich! Nutzen Sie Ihren Einfluss, zeigen Sie Flagge im Alltag, in Diskussionen, in Gesprächen. Lassen Sie uns gemeinsam weiterbauen an einem freien und demokratischen, an einem vielfältigen, erfolgreichen und attraktiven Mecklenburg-Vorpommern.“
Der 3. Oktober sei einer der wichtigsten Tage in der Geschichte Deutschlands. „Ein Tag, der für Freiheit und Einheit steht, für eine erfolgreiche friedliche Revolution, für das Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten zu einem einigen Deutschland“, erklärte die Ministerpräsidentin vor rund 300 Gästen aus allen Bereichen der Gesellschaft.
Schwesig erinnerte in ihrer Rede an diejenigen, die den Weg zur Deutschen Einheit geebnet hätten. „Wir sehen die Kerzenmärsche vor unserem inneren Auge, die Bilder der riesigen Freude über die Öffnung der Grenzen und das manchmal ungläubige Staunen über das, was mit einem Mal möglich war. Ein Glücksmoment in der Geschichte. Die Menschen in Ostdeutschland können am Tag der Deutschen Einheit mit großem Stolz zurückblicken: Weil sie es waren, die mit viel Energie und Tatkraft Freiheit und Demokratie erkämpft haben.“
Die Jahre nach der Deutschen Einheit seien allerdings mit großen Herausforderungen verbunden gewesen. „Die Einheit war kein Selbstläufer. Sie war ein Kraftakt“, sagte Schwesig. „Sie bedeutete Umbrüche, Unsicherheit, persönliche Härten. Wir alle kennen Menschen, die große Schwierigkeiten hatten, anzukommen, die ihre Jobs verloren haben, oft auch mehrmals. Familien und Freundschaften, die auseinanderbrachen, weil plötzlich alles anders war. Abwanderung, Arbeitslosigkeit. Auch das gehört zu unserer Geschichte.“
Heute könne jedoch insgesamt eine positive Bilanz der Landesentwicklung seit 1990 gezogen werden: „Aus stillgelegten Betrieben sind neue Unternehmen entstanden, die heute in Zukunftsbranchen wie Medizintechnik, Biotechnologie, in der Land- und Ernährungswirtschaft oder im Tourismus erfolgreich sind. Start-ups bringen digitale Innovation ins Land. Fraunhofer-, Leibniz-, Helmholtz- und Max-Planck-Institute forschen hier bei uns in MV zu Zukunftsthemen wie Klima, Energie und Medizin.“
Die Städte und Dörfer seien attraktiver denn je. „Die Altstädte von Stralsund, Wismar und seit letztem Jahr auch von Schwerin gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Aus brachliegenden Flächen wurden grüne Industrieparks. Wir haben Familien und Kinder besonders gefördert. Wir haben ein besseres Kita-Angebot als die meisten Länder – und bei uns ist sie zudem noch beitragsfrei. Wir haben in den vergangenen 35 Jahren auch unseren sozialen Zusammenhalt bewahrt: ein lebendiges Vereinsleben, Kultur und Sport, viele Ehrenamtliche. Auf all das können wir alle gemeinsam stolz sein“, so Schwesig.
„Wir haben es geschafft, unser Land gemeinsam Schritt für Schritt aufzubauen. Wir haben Gegenwind ausgehalten und so manche Flaute überstanden. Mecklenburg-Vorpommern ist schöner, attraktiver und wirtschaftlich leistungsfähiger geworden“, sagte die Ministerpräsidentin. Die Wirtschaft sei deutlich gewachsen, die Arbeitslosigkeit in den letzten 20 Jahren deutlich gesunken.
Es gebe aber auch 35 Jahre nach der Deutschen Einheit noch Ungerechtigkeiten: „Die Löhne sind niedriger im Osten, was es schwieriger macht, Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Das Vermögen ist niedriger und damit auch die Kapitaldecke der Unternehmen. Ostdeutsche sind in Führungspositionen unterrepräsentiert“, sagte Schwesig. Viele Menschen machten sich Sorgen, dass sie ihren Lebensstandard nicht halten können oder im Alter keine ausreichende Rente zur Verfügung haben.
„Die Antwort, die die Landesregierung darauf gibt, ist klar: Wir investieren in die Bereiche, die für die Zukunft unseres Landes besonders wichtig sind: in die wirtschaftliche Entwicklung und gute Arbeitsplätze, in Familien und Kinder, in Schulen und Bildung, in den sozialen Zusammenhalt. Wir haben den Mindestlohn mit durchgesetzt und stärken mit unserem Vergabegesetz den Tariflohn. Wir haben erfolgreich für die Angleichung der Renten gekämpft und treten für ein stabiles Rentenniveau ein.“
Der 3. Oktober mache wie kein anderer Tag deutlich, dass ein Leben in Demokratie, Frieden und Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist. „Leider sehen wir, dass unsere Demokratie heute stärker angegriffen wird als je in den 35 Jahren zuvor. Wir erleben, wie Menschen versuchen sie auszuhöhlen, schleichend. Schritt für Schritt, immer ein Stück mehr. In dem sie Unsicherheit und Angst schüren, in dem sie hetzen gegen Andersdenkende, in dem sie die Werte in Frage stellen, für die so viele Menschen auf die Straße gegangen sind. Sie nutzen aus, dass wir in herausfordernden Zeiten leben“, erklärte Schwesig.
„Es ist wichtig, dass wir dem etwas entgegensetzen: Unser Gemeinschaftsgefühl. Miteinander statt gegeneinander. Die Bereitschaft, uns positiv und aktiv für unsere Gesellschaft einzusetzen. Es gibt so viele Menschen, die sich für das „Wir“ einsetzen und davon überzeugt sind, dass gemeinsam mehr erreicht werden kann: in den Verbänden, Vereinen, Initiativen, bei Stiftungen, in Schulen. In den Stadt- und Gemeinderäten, als Bürgermeisterin oder Bürgermeister, im Alltag. Unsere Demokratie ist stark und bleibt es auch, wenn sie von starken gesellschaftlichen Kräften stark gemacht wird“, sagte Schwesig weiter.
„Sie ist stark, wenn wir im Gespräch bleiben, wenn wir offen sind für die Meinungen anderer und wenn wir bestrebt sind, gemeinsame Lösungen zu finden. Die Demokratie lebt aber auch davon, dass wir wehrhaft sind gegen jene, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen oder gar abschaffen wollen“, so die Ministerpräsidentin. „Machen Sie deutlich, dass Demokratie und Freiheit einen festen und unverrückbaren Platz in Mecklenburg-Vorpommern haben.“