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Kategorie: Deutschland

Ost-Agrarressorts beraten Agrarpolitik

Berlin – In Vorbereitung der Ende September 2020 stattfindenden Herbst-Agrarministerkonferenz (AMK) trafen sich die Agrarministerin und die Agrarminister der ostdeutschen Länder in Berlin, um sich zu wichtigen agrarpolitischen Themen auszutauschen.

„Corona hält die Welt in Atem und zu Recht liegt alle Aufmerksamkeit derzeit auf der Bewältigung der Auswirkungen dieser Pandemie. Dennoch dürfen wir andere, ebenso drängende Themen nicht aus den Augen verlieren“, betonte Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister und Gastgeber Dr. Till Backhaus. Dazu zähle für ihn vor allem die inhaltliche und finanzielle Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020, die nach wie vor offen sei, aber auch die Verteilung der ELER-Mittel sowohl auf europäischer Ebene als auch bei der nationalen Umsetzung der GAP zwischen den Bundesländern.

„Insbesondere der neue ELER-Schlüssel, der ab 2022 die Mittelzuteilung für die ländliche Entwicklung zwischen den Bundesländern festschreibt, darf nicht einseitig zu Lasten des Ostens ausgestaltet werden, fordert Backhaus. „Das muss trotz politischer Unterschiede gemeinsames Ziel der ostdeutschen Länder sein.“

Der nationale GAP-Strategieplan wird sich überdies am Green Deal der EU und der darin enthaltenen Farm to Fork-Strategie messen lassen müssen. „Das gelingt meiner Überzeugung nach nur, wenn die geforderten Klima- und Umweltschutzleistungen einen echten Mehrwert erhalten. Ökologisierung der Landwirtschaft ist die Aufgaben der kommenden zehn Jahre, da bin ich sicher. Doch nur der Landwirt, der mit umwelt- und Klimaschutz Geld verdienen kann, ist bereit, in diese Richtung zu investieren.“ Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen – das bleibe auch weiterhin eine zentrale Forderung der ostdeutschen Bundesländer, so Backhaus.

Es brauche überdies eine abgestimmte Strategie, wie 25 Prozent ökologischer Landbau in Europa und 20 Prozent ökologischer Landbau in Deutschland bis 2030 funktionieren sollen, das ist förderseitig und marktseitig bisher völlig undurchdacht. „Das müssen wir bei der Herbst-AMK als ostdeutsche Länder thematisieren“, bekräftigte der Minister.

„Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Mitgliedsstaaten haben auf dem Sondergipfel vom 17. – 21. Juli 2020 nun endlich den EU-Haushalt (MFR) für den Zeitraum 2021 bis 2027 ausgehandelt. Deutschland hat in den Verhandlungen wichtige Anliegen durchgesetzt. Insbesondere wurde erreicht, dass die GAP für Deutschland fast in ihrem bisherigen Volumen erhalten bleibt“, zeigte sich der Minister erleichtert.

Für die GAP 2021 – 2027 sollen demnach im Zeitraum 2021 – 2027 insgesamt rund 387 Mrd. Euro zur Verfügung stehen. Im Vergleich zu 2020 ergibt sich damit für die GAP einschließlich der ELER-Mittel aus dem Wiederaufbaufonds insgesamt ein Plus von rund einem Prozent. „Ohne diese Mittel aus dem Wiederaufbaufonds lägen die Mittel für den ELER im Durchschnitt rund 6 Prozent unter dem Niveau von 2020. Das hätte u. a. Investitionen in Kitas, Schulen, medizinische Versorgungseinrichtungen, Dörfer und Infrastruktur und damit die gesamte ländliche Entwicklung massiv getroffen“, so Backhaus.

Der Europäische Rat habe sich außerdem auf die für den Agrarsektor zur Verfügung stehenden Mittel sowie Vorgaben für die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Mitgliedstaaten (z. B. externe Konvergenz der Direktzahlungen, Aufteilung der Strukturmittel) und die Mittelverwendung (z. B. Klimaquote, Kappung/Degression) verständigt. Auch dies sei ein wichtiger Tagesordnungspunkt des heutigen Zusammentreffens gewesen.

„Bis wir ernsthaft über die nationale Mittelverteilung reden können, sind zunächst auf europäischer Ebene noch ein paar dicke Bretter zu bohren“, betonte Backhaus mit Blick auf die ausstehende Entscheidung des EU-Parlaments und die Zustimmung aller Länderparlamente. „Da wir ohnehin erheblich in Zeitverzug sind, ist es umso wichtiger, parallel zum europäischen Verfahren entsprechende Kompromisslinien auszuloten“.

„Ich sage immer wieder: wir wollen keinen Konflikt zwischen kleinen und großen Betrieben konstruieren. Entscheidend ist die Leistung, die der Landwirtschaftsbetrieb für die Umwelt und die Gesellschaft erbringt“, so Backhaus. Er verstelle sich einer Debatte über Kappung und Degression der Direktzahlungen aber nicht grundsätzlich. „Für die ostdeutschen Länder war die Kappung bisher immer ein politisches Tabu. Gleichzeitig müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass durch die besondere Förderung der „ersten Hektare“ viel mehr Geld aus dem Osten abfließt und zwar zu Lasten fast aller Betriebe. Wir müssen also mal über das Schlachten dieser heiligen Kuh nachdenken“, konstatiert der Minister.

Ein weiteres Thema war erneut die Übertragung der BVVG-Flächen. Bereits im März hatten die ostdeutschen Agrarminister auf Initiative Mecklenburg-Vorpommerns den Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz in einem gemeinsamen Schreiben aufgefordert, die ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen, die sukzessive durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) verwaltet und veräußert werden, unentgeltlich an die Länder zu übertragen. „Bedauerlicherweise lehnt das Bundesfinanzministerium unsere Forderung bislang kategorisch ab. Aber immerhin ist man beim BMF bereit, sich mit uns über die weitere Privatisierungspraxis der BVVG zu verständigen, um den Zielsetzungen „Agrarstruktur und Umweltschutz“ besser gerecht zu werden. Wir sind uns im Ergebnis der heutigen Beratungen einig, das Thema mit Nachdruck weiterzuverfolgen“, sagte Backhaus.

Weitere Themen waren die drohenden Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) nach Deutschland und die Entwicklung des Ökologischen Landbaus. Das Land Berlin stellte zudem seine Ernährungsstrategie vor.

Der MFR 2021 – 2027 hat ein Gesamtvolumen in Höhe von rd. 1.211 Mrd. Euro zuzüglich rd. 22 Mrd. Euro für Sonderinstrumente außerhalb des MFR. Hinzu kommen die Mittel des Wiederaufbaufonds in Höhe von 809 Mrd. Euro. (421 Mrd. Euro als Zuschüsse und 388 Mrd. Euro in Form von Krediten). Diese Mittel dürfen ausschließlich zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie eingesetzt werden. Für die 1. Säule (Marktmaßnahmen und Direktzahlungen) stehen 291 Mrd. Euro zur Verfügung. Dies ist ein Anstieg um 1,3 Mrd. Euro (+ 0,6 Prozent). Für die 2. Säule (ELER) stehen rund 96 Mrd. Euro zur Verfügung, davon rund 8,2 Mrd. Euro (8,6 Prozent) aus dem Wiederaufbaufonds.

Für Deutschland stehen aus dem Gesamtvolumen 43,8 Mrd. Euro zur Verfügung. Damit bleiben die Mittel mit einer Reduktion von voraussichtlich 0,8 % im Vergleich zu 2020 fast auf dem bisherigen Niveau. Ohne die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds würden die Mittel um rd. 3,8 Prozent unter dem Niveau von 2020 liegen.

Insgesamt ist das vom Europäischen Rat beschlossene GAP-Finanzvolumen deutlich besser als der ursprüngliche Vorschlag, den die EU-Kommission im Mai 2018 vorgelegt hatte. Dieser hätte zu Mittelkürzungen des Gesamtbudgets der GAP um 5 Prozent (EU 27) bzw. 6 Prozent (DEU) geführt.

Der Arbeitsmarkt im Juli 2020

Nürnberg – „Der Arbeitsmarkt steht wegen der Corona-Pandemie nach wie vor unter Druck, auch wenn sich die deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs befindet. Der massive Einsatz von Kurzarbeit hat stärkere Anstiege der Arbeitslosigkeit und Beschäftigungsverluste verhindert.“, sagte der Vorstand Regionen der Bundesagentur für Arbeit (BA), Daniel Terzenbach, heute anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.

Arbeitslosenzahl im Juli: +57.000 auf 2.910.000
Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: +635.000
Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat: +0,1 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent

Die Arbeitslosenzahl ist zu Beginn der Sommerpause von Juni auf Juli im üblichen Umfang gestiegen. Der coronabedingte Anstieg hat sich in diesem Monat vorerst nicht fortgesetzt. Mit 2.910.000 liegt die Zahl der Arbeitslosen 57.000 höher als im Vormonat. Saisonbereinigt hat sie sich um 18.000 verringert.

Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Arbeitslosenzahl um 635.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote steigt um 0,1 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent und verzeichnet im Vergleich zum Juli des vorigen Jahres ein Plus von 1,3 Prozentpunkten. Die nach dem ILO-Erwerbskonzept vom Statistischen Bundesamt ermittelte Erwerbslosenquote belief sich im Juni auf 4,5 Prozent.

Die Unterbeschäftigung, die auch Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik und kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt, hat sich saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 5.000 erhöht. Insgesamt lag die Unterbeschäftigung im Juli 2020 bei 3.661.000 Personen. Das waren 465.000 mehr als vor einem Jahr.

Vor Beginn der Kurzarbeit müssen Betriebe Anzeige über den voraussichtlichen Arbeitsausfall erstatten. Nach aktuellen Daten zu geprüften Anzeigen wurde vom 1. bis einschließlich 26. Juli für 190.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt. Damit geht die Zahl der Personen, für die Kurzarbeit angezeigt wird, nach dem massiven Anstieg in März und April weiter deutlich zurück.

Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen bis Mai zur Verfügung. So wurde nach vorläufigen hochgerechneten Daten der Bundesagentur für Arbeit im Mai für 6,70 Millionen Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt, nach 6,10 Millionen im April und 2,46 Millionen im März. Die Inanspruchnahme von Kurzarbeit lag damit weit über den Werten zur Zeit der Großen Rezession 2008/2009.

Die Corona-Krise hat auch zu einem deutlichen Rückgang der Erwerbstätigkeit und der Beschäftigung geführt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hat sich die Zahl der Erwerbstätigen (nach dem Inlandskonzept) im Juni saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 40.000 verringert. Mit 44,62 Millionen Personen fiel sie im Vergleich zum Vorjahr um 681.000 niedriger aus. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist im Mai nach hochgerechneten Angaben der BA im Vergleich zum Vorjahr um 98.000 auf 33,33 Millionen Beschäftigte gesunken. Von April auf Mai, von den wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie beeinflusst, ergibt sich saisonbereinigt ein Rückgang um 74.000, nach 268.000 im Monat zuvor.

Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften ist zu Beginn der Corona-Krise massiv zurückgegangen, aktuell hat sie sich auf niedrigem Niveau stabilisiert. Im Juli waren 573.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 226.000 weniger als vor einem Jahr. Saisonbereinigt hat sich der Bestand der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen um 5.000 verringert. Die Stellenneumeldungen sind wie in den beiden Vormonaten auch im Juli etwas gestiegen. Der BA-Stellenindex (BA X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland – stieg im Juli 2020 um einen Punkt auf 92 Punkte. Er liegt damit 35 Punkte unter dem Vorjahreswert.

1.149.000 Personen erhielten im Juli 2020 Arbeitslosengeld, 409.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) lag im Juli bei 4.079.000. Gegenüber Juli 2019 war dies ein Anstieg von 179.000 Personen. 7,5 Prozent der in Deutschland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter waren damit hilfebedürftig.

Der Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt hat sich im Zuge der Corona-Krise verlangsamt. Aktuell ist noch eine Verzögerung von etwa sechs bis acht Wochen zu erkennen, auch wenn seit Juni ein Aufholen sichtbar ist. Von Oktober 2019 bis Juli 2020 meldeten sich bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern 439.000 Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle, 40.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Von diesen waren 182.000 im Juli noch auf der Suche. Gleichzeitig waren 495.000 betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet, 43.000 weniger als vor einem Jahr. Auffällig zurückgegangen sind im Vergleich zum Vorjahr vor allem gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen in Metall- und Elektroberufen, im Friseurhandwerk, in Gastronomie- und Hotellerieberufen sowie in Informatik- und kaufmännischen Berufen.

Im Juli waren noch 201.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Insgesamt ist der Ausbildungsmarkt – auch unabhängig von den verspätet stattfindenden Ausgleichsprozessen – über den Sommer noch in Bewegung. Deshalb ist es für eine fundierte Bewertung zu früh.

1. bundesweiter Warntag

Schwerin – In 50 Tagen ist es soweit: Am 10. September 2020 findet der erste bundesweite Warntag seit der Wiedervereinigung statt. Dazu werden in ganz Deutschland Warn-Apps piepen, Sirenen heulen, Rundfunkanstalten ihre Sendungen unterbrechen und Probewarnungen auf digitalen Werbetafeln erscheinen.

„Die Fähigkeit der Bevölkerung, Warnmeldungen und deren Zielrichtung zu verstehen, ist derzeit in Deutschland nicht ausreichend ausgeprägt. Die Bürgerinnen und Bürger für die Warnung vor gefährlichen Ereignissen zu sensibilisieren, ist eine wichtige und ebenso schwierige Aufgabe“, erklärt Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern Lorenz Caffier. „Nur wenige Menschen deutschlandweit verstehen Warnmeldungen richtig und können sie entsprechend einordnen. Deshalb ist es sinnvoll, diesen Tag durchzuführen und so für die Zukunft gewappnet zu sein. Aus diesem Grund haben wir seinerzeit den Beschlussvorschlag in die Innenministerkonferenz eingereicht“, so der Minister weiter.

Ab sofort ist die neue Website www.bundesweiter-warntag.de online verfügbar. Sie bietet Informationen über den ab 2020 jährlich an jedem zweiten Donnerstag im September stattfindenden Warntag. Die Website erklärt aber auch, in welchen Fällen und auf welchen Wegen die Bevölkerung in Deutschland gewarnt wird. Eine Länderkarte ermöglicht mit einem Klick den Überblick über Regelungen zur Warnung in den einzelnen Bundesländern. Das integrierte Service-Portal auf der Website mit Informationsmaterial soll Kommunen dabei unterstützen, vor Ort über den Warntag und allgemein über das Thema zu informieren.

Bund und Länder haben im Rahmen der Innenministerkonferenz 2019 gemeinsam beschlossen, ab dem Jahr 2020 jährlich an jedem zweiten Donnerstag im September einen bundesweiten Warntag stattfinden zu lassen. Er soll dazu beitragen, die Akzeptanz und das Wissen um die Warnung der Bevölkerung in Notlagen zu erhöhen. Wer rechtzeitig gewarnt wird und weiß, was zu tun ist, kann sich in einem Notfall besser selbst helfen. Zur Warnung der Bevölkerung nutzen Bund, Länder und Kommunen alle verfügbaren Kommunikationskanäle: so etwa das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) betriebene Modulare Warnsystem (MoWaS) und die Warn-App NINA, eine Vielzahl von Medien und Rundfunksendern bis hin zu Sirenen und Lautsprecherdurchsagen vor Ort.

Gleichzeitig dient der Warntag dazu, die vorhandenen technischen Systeme zur Warnung flächendeckend zu testen und zu prüfen, an welcher Stelle sie noch weiterentwickelt werden können.

Bund und Länder bereiten den bundesweiten Warntag in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kommunen gemeinsam vor. Zuständig sind auf Bundesebene das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat nachgeordnet ist. Auf der Ebene der Länder wird der Warntag von den jeweiligen Innenressorts und auf der Ebene der Kommunen in der Regel von den für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden vorbereitet.

Bestandsdatenauskunft verfassungswidrig

Karlsruhe – Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts § 113 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und mehrere Fachgesetze des Bundes, die die manuelle Bestandsdatenauskunft regeln, für verfassungswidrig erklärt. Sie verletzen die beschwerdeführenden Inhaber von Telefon- und Internetanschlüssen in ihren Grundrechten auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 GG).

Die manuelle Bestandsdatenauskunft ermöglicht es Sicherheitsbehörden, von Telekommunikationsunternehmen Auskunft insbesondere über den Anschlussinhaber eines Telefonanschlusses oder einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen IP-Adresse zu erlangen. Mitgeteilt werden personenbezogene Daten der Kunden, die im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Durchführung von Verträgen stehen (sogenannte Bestandsdaten). Nicht mitgeteilt werden dagegen Daten, die sich auf die Nutzung von Telekommunikationsdiensten (sogenannte Verkehrsdaten) oder den Inhalt von Kommunikationsvorgängen beziehen.

Die Erteilung einer Auskunft über Bestandsdaten ist grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig. Der Gesetzgeber muss aber nach dem Bild einer Doppeltür sowohl für die Übermittlung der Bestandsdaten durch die Telekommunikationsanbieter als auch für den Abruf dieser Daten durch die Behörden jeweils verhältnismäßige Rechtsgrundlagen schaffen. Übermittlungs- und Abrufregelungen müssen die Verwendungszwecke der Daten hinreichend begrenzen, indem sie insbesondere tatbestandliche Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz vorsehen.

Der Senat hat klargestellt, dass die allgemeinen Befugnisse zur Übermittlung und zum Abruf von Bestandsdaten trotz ihres gemäßigten Eingriffsgewichts für die Gefahrenabwehr und die Tätigkeit der Nachrichtendienste grundsätzlich einer im Einzelfall vorliegenden konkreten Gefahr und für die Strafverfolgung eines Anfangsverdachts bedürfen. Findet eine Zuordnung dynamischer IP-Adressen statt, muss diese im Hinblick auf ihr erhöhtes Eingriffsgewicht darüber hinaus auch dem Schutz oder der Bewehrung von Rechtsgütern von zumindest hervorgehobenem Gewicht dienen.

Bleiben die Eingriffsschwellen im Bereich der Gefahrenabwehr oder der nachrichtendienstlichen Tätigkeit hinter dem Erfordernis einer konkreten Gefahr zurück, müssen im Gegenzug erhöhte An-forderungen an das Gewicht der zu schützenden Rechtsgüter vorgesehen werden. Die genannten Voraussetzungen wurden von den angegriffenen Vorschriften weitgehend nicht erfüllt. Im Übrigen hat der Senat wiederholend festgestellt, dass eine Auskunft über Zugangsdaten nur dann erteilt werden darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Nutzung gegeben sind.

US-Sanktionen gegen Nord Stream 2

Schwerin – Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Christian Pegel verurteilt die erneute Ausweitung der US-Sanktionen gegen alle, die am Bau der Erdgasleitung Nord Stream 2 beteiligt sind, aufs Schärfste.

„Dass die USA erneut die Möglichkeiten verschärfen, gegen jeden, der am europäischen Nord Stream 2-Projekt beteiligt ist – egal, ob als Zulieferer, Bauunternehmen oder Geldgeber – ist nicht hinnehmbar und nach meiner Überzeugung ein endgültiger Bruch mit internationalen Regeln. Vor allem aber ist dies ein weiterer Versuch, die europäische Energieversorgungssicherheit zu gefährden“, sagt Christian Pegel und fordert: „Ich erwarte, dass die Bundesregierung und vor allem die EU-Kommission die europäische Souveränität sehr klar verteidigen und mit spürbaren und ernstzunehmenden Gegenmaßnahmen reagieren. Jetzt muss – bei allem Respekt für diplomatische Gepflogenheiten – mit den transatlantischen Gesprächspartnern Klartext geredet werden.“

Der Minister urteilt – nicht zum ersten Mal: „Ich halte es für unverantwortlich, ein Infrastrukturprojekt der europäischen Energiewirtschaft zum politischen Spielball zu machen. Wir brauchen eine gesicherte Gasversorgung in Europa. Deshalb halten wir am Bau der Gaspipeline Nord Stream 2, die in rechtsstaatlichen Verfahren in mehreren europäischen Ländern genehmigt wurde, ausdrücklich fest.“

Christian Pegel weist, auch darauf hin: „Wir brauchen einen vernunftgetragenen wirtschaftlichen Dialog mit den russischen Partnern. Auch in politisch bewegten Zeiten bedarf es solcher Projekte und eines aufrechterhaltenen Gesprächsfadens, der auch über solche gemeinsamen wirtschaftlichen Projekte erhalten wird. Im Übrigen haben wir weltweit mit der Bekämpfung des Coronavirus und den Folgen der Pandemie für die Weltwirtschaft zu tun. Da brauchen wir nicht auch noch sinnlose wirtschaftliche Blockaden und die damit einhergehenden weiteren Gefahren für die weltweite wirtschaftliche Entwicklung.“

Die US-Regierung hat gestern eine Neufassung der Umsetzungsbestimmungen für das CAATSA-Sanktionsgesetz (Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act) von 2017 veröffentlicht. Mit dieser Neufassung fallen, anders als bisher, explizit auch das Nord Stream 2-Projekt und seine Auftragnehmer sowie Finanzierungspartner unter diese Sanktionen. Zudem müssen die USA Sanktionen nicht mehr mit ihren europäischen Verbündeten koordinieren. Die neuen Bestimmungen eröffnen dem US-Präsidenten neue Möglichkeiten, europäische Lieferanten und Dienstleister verschiedener Branchen mit Sanktionen zu belegen.

Der Arbeitsmarkt im Juni 2020

Nürnberg – „Der Arbeitsmarkt ist wegen der Corona-Pandemie weiterhin unter Druck. Der massive Einsatz von Kurzarbeit stabilisiert aber den Arbeitsmarkt.“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, heute anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.

Arbeitslosenzahl im Juni: +40.000 auf 2.853.000
Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: +637.000
Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat: +0,1 Prozentpunkte auf 6,2 Prozent

Die Arbeitslosenzahl ist von Mai auf Juni infolge der Corona-Krise deutlich gestiegen, wenn auch erneut schwächer als im Vormonat. Mit 2.853.000 liegt sie 40.000 höher als im Vormonat. Saisonbereinigt entspricht das einem Zuwachs um 69.000.

Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Arbeitslosenzahl um 637.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote steigt um 0,1 Prozentpunkte auf 6,2 Prozent und verzeichnet im Vergleich zum Juni des vorigen Jahres ein Plus von 1,3 Prozentpunkten. Die nach dem ILO-Erwerbskonzept vom Statistischen Bundesamt ermittelte Erwerbslosenquote belief sich im Mai auf 4,4 Prozent.

Die Unterbeschäftigung, die auch Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik und kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt, hat sich saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 56.000 erhöht. Damit wächst die Unterbeschäftigung weniger stark als die Arbeitslosigkeit. Dies liegt zu einem großen Teil daran, dass wegen der Kontaktbeschränkungen Angebote der Arbeitsmarktpolitik nicht zum Einsatz kamen. Insgesamt lag die Unterbeschäftigung im Juni 2020 bei 3.604.000 Personen. Das waren 439.000 mehr als vor einem Jahr.

Vor Beginn der Kurzarbeit müssen Betriebe Anzeige über den voraussichtlichen Arbeitsausfall erstatten. Nach aktuellen Daten zu geprüften Anzeigen wurde vom 1. bis einschließlich 25. Juni für 342.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt, nach 1,14 Millionen im Mai und zusammen 10,66 Millionen im März und April.

Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen bis April zur Verfügung. So wurde nach vorläufigen hochgerechneten Daten der Bundesagentur für Arbeit im April für 6,83 Millionen Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt, nach 2,49 Millionen im März. Die Inanspruchnahme von Kurzarbeit lag damit weit über den Werten zur Zeit der Großen Rezession 2008/2009.

Die Corona-Krise hat auch zu einem Rückgang der Erwerbstätigkeit und der Beschäftigung geführt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag die Zahl der Erwerbstätigen (nach dem Inlandskonzept) im Mai bei 44,71 Millionen Personen und fiel im Vergleich zum Vorjahr um 531.000 niedriger aus. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verzeichnet im April im Vergleich zum Vorjahr noch einen geringfügigen Zuwachs. Insgesamt ist sie in diesem Monat nach hochgerechneten Angaben der BA im Vergleich zum Vorjahr um 30.000 auf 33,41 Millionen Beschäftigte gestiegen. Von März auf April, von den wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie beeinflusst, ergibt sich saisonbereinigt ein deutlicher Rückgang um 276.000. Ein Großteil hiervon geht im Zusammenhang mit den coronabedingten Schließungen von Gaststätten und Hotels auf das Gastgewerbe zurück.

Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften ist zu Beginn der Corona-Krise massiv zurückgegangen, aktuell hat sie sich auf niedrigem Niveau gefangen. Im Juni waren 570.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 227.000 weniger als vor einem Jahr. Saisonbereinigt hat sich der Bestand der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen um 20.000 verringert. Die Stellenneumeldungen sind nach dem Plus im Mai auch im Juni etwas gestiegen. Der BA-Stellenindex (BA X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland – blieb im Juni 2020 unverändert bei 91 Punkten. Er liegt damit 38 Punkte unter dem Vorjahreswert.

1.077.000 Personen erhielten im Juni 2020 Arbeitslosengeld, 383.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) lag im Juni bei 4.076.000. Gegenüber Juni 2019 war dies ein Anstieg von 152.000 Personen. 7,5 Prozent der in Deutschland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter waren damit hilfebedürftig.

Der Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt hat sich im Zuge der Corona-Krise verlangsamt. Aktuell ist noch eine Verzögerung von etwa sechs bis acht Wochen zu erkennen. Von Oktober 2019 bis Juni 2020 meldeten sich bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern 417.000 Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle, 43.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Von diesen waren 210.000 im Juni noch auf der Suche. Gleichzeitig waren 479.000 betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet, 47.000 weniger als vor einem Jahr.

Auffällig zurückgegangen sind im Vergleich zum Vorjahr vor allem gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen in Gastronomie- und Hotellerieberufen, in Metall- und Elektroberufen, im Friseurhandwerk, in kaufmännischen Berufen sowie in Informatikberufen. Im Juni waren noch 229.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Insgesamt ist der Ausbildungsmarkt im Juni noch in Bewegung. Deshalb ist es für eine fundierte Bewertung zu früh.

Der Arbeitsmarkt im Mai 2020

Nürnberg – „Der Arbeitsmarkt ist wegen der Corona-Pandemie weiterhin stark unter Druck. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind auch im Mai gestiegen, allerdings nicht mehr so stark wie im April. Bei der Beschäftigung sind erste Spuren sichtbar. Die Kurzarbeit hat das Niveau der Krise von 2009 deutlich überschritten. Die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeitern ist weiterhin rückläufig, hat sich aber immerhin gefangen.“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, heute anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.

Arbeitslosenzahl im Mai: +169.000 auf 2.813.000
Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: +577.000
Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat: +0,3 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent

Die Arbeitslosenzahl ist von April auf Mai infolge der Corona-Krise erneut kräftig gestiegen, wenn auch nicht mehr so stark wie im Vormonat. Mit 2.813.000 liegt sie 169.000 höher als im Vormonat. Saisonbereinigt entspricht das einem Zuwachs um 238.000.

Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Arbeitslosenzahl um 577.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote steigt um 0,3 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent und verzeichnet auch im Vergleich zum Mai des vorigen Jahres ein Plus von 1,2 Prozentpunkten. Die nach dem ILO-Erwerbskonzept vom Statistischen Bundesamt ermittelte Erwerbslosenquote belief sich im April auf 4,3 Prozent.

Die Unterbeschäftigung, die auch Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik und kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt, hat sich saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 170.000 erhöht. Damit wächst die Unterbeschäftigung weniger stark als die Arbeitslosigkeit. Dies liegt zu einem großen Teil daran, dass wegen der Kontaktbeschränkungen Angebote der Arbeitsmarktpolitik nicht zum Einsatz kamen. Insgesamt lag die Unterbeschäftigung im Mai 2020 bei 3.573.000 Personen. Das waren 383.000 mehr als vor einem Jahr.

Vor Beginn der Kurzarbeit müssen Betriebe Anzeige über den voraussichtlichen Arbeitszeitausfall erstatten. Nach aktuellen Daten zu geprüften Anzeigen wurden vom 1. bis einschließlich 27. Mai für 1,06 Millionen Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt, nach zusammen 10,66 Millionen im März und April. Das heißt aber nicht, dass diese Menschen schlussendlich auch alle kurzarbeiten werden.

Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen bis März zur Verfügung und umfassen damit zeitlich den ersten Monat der Verschärfung der Corona-Krise. So wurde nach vorläufigen hochgerechneten Daten der Bundesagentur für Arbeit im März für 2,02 Millionen Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Die Inanspruchnahme von Kurzarbeit lag damit schon im März weit über den Werten zur Zeit der Großen Rezession 2008/2009.

Die Corona-Krise hat auch zu einem Rückgang der Erwerbstätigkeit und der Beschäftigung geführt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hat sich die Zahl der Erwerbstätigen (nach dem Inlandskonzept) im April saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 275.000 verringert. Mit 44,90 Millionen Personen fiel sie im Vergleich zum Vorjahr um 218.000 niedriger aus. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr noch einen Zuwachs. Insgesamt ist sie im März nach hochgerechneten Angaben der BA im Vergleich zum Vorjahr um 330.000 auf 33,62 Millionen Beschäftigte gestiegen. Von Februar auf März, bereits von den wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie beeinflusst, ergibt sich saisonbereinigt ein Rückgang um 21.000.

Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften ist infolge der Corona-Krise massiv zurückgegangen. Im Mai waren 584.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 208.000 weniger als vor einem Jahr. Saisonbereinigt hat sich der Bestand der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen um 44.000 verringert. Die Stellenneumeldungen haben sich nach dem starken Einbruch im April aber etwas gefangen. Der BA-Stellenindex (BA X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland – sank im Mai 2020 um 3 Punkte auf 91 Punkte. Er liegt damit 38 Punkte unter dem Vorjahreswert.

1.058.000 Personen erhielten im Mai 2020 Arbeitslosengeld, 364.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) lag im Mai bei 4.027.000. Gegenüber Mai 2019 war dies ein Anstieg von 75.000 Personen. 7,4 Prozent der in Deutschland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter waren damit hilfebedürftig.

Der Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt hat sich im Zuge der Corona-Krise verlangsamt. Von Oktober 2019 bis Mai 2020 meldeten sich bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern 400.000 Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle, 39.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Von diesen waren 229.000 im Mai noch auf der Suche. Gleichzeitig waren 463.000 betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet, 46.000 weniger als vor einem Jahr. Auffällig zurückgegangen sind im Vergleich zum Vorjahr vor allem gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen in Gastronomie- und Hotellerieberufen, im Friseurhandwerk, in Maschinenbau- und Betriebstechnik, in der Elektrotechnik, in kaufmännischen Berufen, in Informatikberufen, im Lebensmittelverkauf und im Berufskraftverkehr. Im Mai waren noch 250.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Insgesamt ist der Ausbildungsmarkt im Mai noch sehr in Bewegung. Deshalb ist es für eine fundierte Bewertung zu früh.

Schadensersatzklage im sogenannten „Dieselfall“ gegen die VW AG überwiegend erfolgreich

Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19

Karlsruhe – Der unter anderem für das Recht der unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat hat heute entschieden, dass dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs Schadensersatzansprüche gegen VW zustehen. Er kann Erstattung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises verlangen, muss sich aber den gezogenen Nutzungsvorteil anrechnen lassen und VW das Fahrzeug zur Verfügung stellen.

Sachverhalt:

Der Kläger erwarb am 10. Januar 2014 zu einem Preis von 31.490,- € brutto von einem Autohändler einen Gebrauchtwagen VW Sharan 2.0 TDl match, der mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet ist. Die Beklagte ist die Herstellerin des Wagens. Der Kilometerstand bei Erwerb betrug 20.000 km. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.

Die im Zusammenhang mit dem Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse Euro 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.

Im September 2015 räumte die Beklagte öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Unter dem 15. Oktober 2015 erging gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, der auch das Fahrzeug des Klägers betrifft. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte gab mit Pressemitteilung vom 25. November 2015 bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen diese Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA189 mit 2,0-Liter-Hubraum entfernt werden sollte. Nach der Installation sollen die betroffenen Fahrzeuge nur noch in einem adaptierten Modus 1 betrieben werden. Der Kläger hat das Software-Update im Februar 2017 durchführen lassen.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Zahlung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises in Höhe von 31.490 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht unter Zulassung der Revision die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und die Beklagte nebst Nebenpunkten in der Hauptsache verurteilt, an den Kläger 25.616,10 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zahlungsanspruchs hat es die Klage abgewiesen.

Entscheidung des Senats:

Die zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie die Klageabweisung erstrebt hat, blieb ganz überwiegend ohne Erfolg; sie war nur in Bezug auf Nebenpunkte geringfügig erfolgreich. Die Revision des Klägers, mit der er die vollständige Erstattung des Kaufpreises ohne Anrechnung einer Nutzungsentschädigung erreichen wollte, hatte keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB haftet. Das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zum Kläger ist objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Die Beklagte hat auf der Grundlage einer für ihren Konzern getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und damit auch Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden. Damit ging einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einher, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Ein solches Verhalten ist im Verhältnis zu einer Person, die eines der bemakelten Fahrzeuge in Unkenntnis der illegalen Abschalteinrichtung erwirbt, besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren. Das gilt auch, wenn es sich um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelt.

Das Berufungsgericht hat vor dem Hintergrund des nicht ausreichenden Vortrags der Beklagten zu den in ihrem Konzern erfolgten Vorgängen in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die grundlegende strategische Entscheidung in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung der unzulässigen Software von den im Hause der Beklagten für die Motorenentwicklung verantwortlichen Personen, namentlich dem vormaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und den für die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Beklagten verantwortlichen vormaligen Vorständen, wenn nicht selbst, so zumindest mit ihrer Kenntnis und Billigung getroffen bzw. jahrelang umgesetzt worden ist. Zu Recht hat es dieses Verhalten der Beklagten zugerechnet (§ 31 BGB).

Der Kläger ist veranlasst durch das einer arglistigen Täuschung gleichstehende sittenwidrige Verhalten der Beklagten eine ungewollte vertragliche Verpflichtung eingegangen. Darin liegt sein Schaden, weil er ein Fahrzeug erhalten hat, das für seine Zwecke nicht voll brauchbar war. Er kann daher von der Beklagten Erstattung des Kaufpreises gegen Übergabe des Fahrzeugs verlangen. Dabei muss er sich aber die Nutzungsvorteile auf der Grundlage der gefahrenen Kilometer anrechnen lassen, weil er im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden darf, als er ohne den ungewollten Vertragsschluss stünde.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB):

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

§ 31 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB):

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.