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Kategorie: Bundesrat / Bundesländer / Politik

Keine Toleranz bei Menschenverachtung

Schwerin – Die Bundesregierung hat einen Regelungsvorschlag für einen Straftatbestand der verhetzenden Beleidigung beschlossen. Ministerin Katy Hoffmeister sagte, dass gerade in diesen Tagen das ein wichtiges Zeichen gegen Hass sei.

„Es ist unerträglich, dass Hass und Antisemitismus auf den Straßen Deutschlands zu erleben sind. In dieser Deutlichkeit bekundete Hetze wird die Justiz sicherlich in nächster Zeit beschäftigen. Neben den verbreiteten und strafbewährten Beleidigungen und Volksverhetzungen wird nun auch die Form von Hass und Hetze in den Fokus genommen, die bislang nicht strafbar war. Das ist ein gutes Zeichen gerade in der heutigen Zeit“, sagt Justizministerin Hoffmeister.

„Die Bundesregierung will einen neuen Straftatbestand der verhetzenden Beleidigung, den § 192a StGB, einführen. Die neue Vorschrift soll Personen und Gruppen schützen, die unter anderem aufgrund ihrer nationalen, religiösen oder ethnischen Herkunft, ihrer Behinderung oder ihrer sexuellen Orientierung beschimpft, verleumdet oder verächtlich gemacht werden. Der neue Straftatbestand soll gezielt hetzerischen Nachrichten entgegenstehen, die an die Betroffenen direkt gerichtet werden. Derartige Nachrichten, die über Internet-Messenger-Dienste, aber auch in Papierform an ein Mitglied der vorgenannten Gruppen übermittelt werden, sind von bestehenden Strafvorschriften nicht erfasst.

Denn eine Volksverhetzung nach § 130 Abs.2 StGB liegt oftmals nicht vor, da solche Nachrichten nicht öffentlich verbreitet bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus liegt eine strafbare Beleidigung nach geltender Rechtslage erst dann vor, wenn es einen konkreten Bezug zu der betroffenen Person gibt. Das soll sich ändern. Ich unterstütze das. Der Schutz vor Extremismus und Rassismus muss weiter gefasst werden. Menschenverachtung darf nicht toleriert werden“, sagt Ministerin Hoffmeister. Nach Angaben der Bundesregierung soll der Strafrahmen bei verhetzenden Beleidigungen bei Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe liegen.

Höhere Strafen für Kindesmissbrauch

Schwerin – Der Bundesrat hat dem Gesetzbeschluss des Bundestages zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder zugestimmt. Sozialministerin Stefanie Drese hatte sich für eine Verschärfung des Sanktionsgefüges von Sexualstraftaten eingesetzt und begrüßt ausdrücklich, dass das Gesetz zu großen Teilen zum 1.Juli 2021 in Kraft treten kann.

Im Juli 2020 hatte Mecklenburg-Vorpommern einen entsprechenden Entschließungsantrag im Bundesrat eingebracht und ein rasches Gesetzgebungsverfahren und höhere Strafen für den sexuellen Missbrauch von Kindern gefordert.

„Jede Form von sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist ein Verbrechen. Dies wird nun im neuen Gesetz auch strafrechtlich verankert“, verdeutlicht Drese mit Blick auf die Bundesratsentscheidung. Täter und pädophile Netzwerke müssen mit aller Konsequenz verfolgt und bestraft werden, so Drese.

Das Gesetz sieht unter anderem vor, den Grundtatbestand des Kindesmissbrauchs künftig als Verbrechen mit einem Strafrahmen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe zu ahnden. Bislang sind solche Taten als Vergehen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren sanktioniert.

Die Verbreitung, der Besitz und die Besitzverschaffung von Kinderpornografie werden ebenfalls zum Verbrechen hochgestuft. „Das halte ich für überfällig. Dementsprechend drohen auch dort künftig höhere Strafen“, betont Drese.

Ministerin Drese verdeutlicht zugleich, dass ein schärferes Strafrecht nur ein Baustein zur Verbesserung der Bekämpfung von Kindesmissbrauch ist: „Die präventiven Maßnahmen auf allen Ebenen für den Kinderschutz müssen ebenfalls weiter verstärkt werden.“

Es sei daher wichtig, dass ein zweiter Schwerpunkt des Gesetzes in den Bereichen Prävention und Qualifizierung der Justiz liege. So sind zum Schutz von Kindern und Jugendlichen erheblich längere Fristen für die Aufnahme von relevanten Verurteilungen ins erweiterte Führungszeugnis vorgesehen. Drese: „Ein großer Fortschritt ist zudem, dass das Gesetz Qualifikationsanforderungen für Familien- und Jugendrichterinnen, -richter, Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte sowie Verfahrensbeistände von Kindern gesetzlich regelt und sie damit konkreter und verbindlicher fasst.“

Brandschutz in Tierhaltungsanlagen

Backhaus: Tragödie von Alt Tellin soll sich nicht wiederholen können

Berlin – Agrar- und Umweltminister Dr. Till Backhaus hat einen Entschließungsantrag zum Brandschutz in Tierhaltungsanlagen in den Bundesrat eingebracht. Hintergrund ist der verheerende Brand in einer Sauenzuchtanlage in Alt Tellin. Dabei wurden 18 Stallgebäude vernichtet, nur 1.300 Tiere konnten vor den Flammen gerettet werden, fast 50.000 kamen darin um.

„In dem Ausmaß ist Alt Tellin sicher eine Ausnahme. Doch jährlich kommt es in Deutschland zu 5.000 Bränden in Landwirtschaftsbetrieben. Das Bedeutet Leid und Tod für mehrere hunderttausend Tiere jedes Jahr. Jeder Brand bedeutet eine Tragödie. Vor dem Hintergrund, dass wir den Tierschutz 2002 ins Grundgesetz aufgenommen haben, ist das nicht hinnehmbar“, so Minister Backhaus.

„Die Zeiten haben sich geändert und das Tierwohl hat heute für die Menschen glücklicherweise einen deutlich höheren Stellenwert“, fährt der Minister fort.

„Doch wir werden nur weiterkommen, wenn wir wenigstens deutschlandweit Sicherheitsstandards zur Vorbeugung von Brandereignissen in den Ställen erreichen. Aber das ist nur ein Aspekt: Um solche Katastrophen wie in Alt Tellin zukünftig zu verhindern, ist es ebenso wichtig, die Bestandszahlen in den Tierhaltungsanlagen zu begrenzen. Der Antrag aus Mecklenburg-Vorpommern ist der erneute Versuch, die Einführung von Bestandsobergrenzen für Tier­haltungsanlagen auf den Weg zu bringen.

Mit ist natürlich bewusst, dass Tierwohl in den Ställen maßgeblich vom Management der Tierhaltung abhängt und nicht von der Größe der Tierbestände. Groß ist nicht automatisch schlecht und klein nicht automatisch gut. Doch je größer die Anlage, desto größer ist die Gefahr, dass bei einer Havarie, sei es ein Brand oder ein Seuchenausbruch, viel zu viele Tiere ihr Leben verlieren. Unser Ziel muss es sein, dass im Katastrophenfall möglichst viele Tiere gerettet werden können.

Ich möchte die Wiederaufnahme dieses Diskussions-prozesses aber auch dazu nutzen, die Frage zu stellen: Wie eine regionale, flächenbezogene, ökologisch vertretbare sowie gesellschaftlich akzeptierte Begrenzung des Viehbesatzes mit Nutztieren bundesweit erreicht werden kann? Die Borchert-Kommission hat bereits Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung in Deutschland – hin zu mehr Tierwohl – vorgelegt. Jetzt gilt es für uns, diese verschiedenen Überlegungen zielführend zu verknüpfen.

Und natürlich dürfen wir dabei den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Tierhaltung in Deutschland nicht außer Acht lassen. Denn die vielen verant­wortungs­­vollen Tierhalterinnen und Tierhalter müssen am Ende auch noch von ihrer Arbeit leben können.

Industrielle Großanlagen wie die abgebrannte Ferkel-Fabrik in Alt Tellin müssen jedoch ein für alle Mal der Vergangenheit angehören“ sagt Minister Backhaus abschließend.

Ausnahmen für vollständig Geimpfte

Berlin – Einen Tag nach dem Bundestag hat am 7. Mai 2021 in einem Eilverfahren auch der Bundesrat einer Verordnung zugestimmt, die Erleichterungen und Ausnahmen von Corona-Schutzmaßnahmen für vollständig Geimpfte und Genesene bundesweit vorsieht. Die Bundesregierung hatte sie erst am Dienstag, den 4. Mai 2021 auf den Weg gebracht – und den Bundesrat gebeten, schon wenige Tage später darüber zu entscheiden.

Vollständig gegen Covid-19 geimpfte und von einer Infektion genesene Personen können künftig ohne vorherige Tests einkaufen, zum Friseur, zur Fußpflege, in Zoos oder botanische Gärten gehen. Sie gelten also rechtlich wie Personen, die einen aktuellen negativen Test nachweisen können.

Geimpfte und Genesene zählen bei Kontaktbeschränkungen für private Zusammenkünfte oder Sportausübung nicht mit, die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen gelten für sie nicht. Zudem entfällt für sie diese Personengruppen die Quarantänepflicht, wenn sie aus Corona-Risikogebieten zurückkehren oder im Kontakt mit Corona-Infizierten waren. Unberührt bleiben allerdings die Vorgaben zum Tragen einer Schutzmaske oder zum Abstandhalten im Rahmen von Hygieneschutzkonzepten.

Zur Begründung führt die Bundesregierung in der Verordnung aus, dass es sich nicht um Sonderrechte oder Privilegien handele, sondern um die Aufhebung nicht mehr gerechtfertigter Grundrechtseingriffe. Denn sobald aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse hinreichend belegt sei, dass geimpfte und genesene Personen für andere nicht (mehr) ansteckend sind oder das Restrisiko einer Weiterübertragung ganz erheblich gemindert sei, bedürfe es für diese Personengruppen Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen.

Laut Robert Koch-Institut sei nach gegenwärtigem Kenntnisstand das Risiko einer Übertragung des Coronavirus durch Personen, die vollständig geimpft wurden, spätestens zwei Wochen nach der zweiten Impfung deutlich geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen-Schnelltests bei symptomlosen infizierten Personen. Für genesene Personen gelte Vergleichbares für einen Zeitraum von sechs Monaten nach einer überstandenen Infektion. Für diese Personen werde grundsätzlich auch empfohlen, nach Kontakten zu einer infizierten Person eine Quarantäne nicht erneut anzuordnen.

Eine Öffnungsklausel gibt den Ländern die Möglichkeit, weitere Ausnahmen für vollständig geimpfte, genesene und getestete Personen vorzusehen, wo sie selbst noch Regelungskompetenzen für Gebote und Verbote haben. Die Sperrwirkung des Bundesrechts wird insoweit aufgehoben.

Sofern das aktuelle Infektionsgeschehen sich verändert- etwa neue besorgniserregende Virusvarianten entstehen, zu denen keine ausreichenden Erkenntnisse über die Wirksamkeit einer Immunisierung durch Impfungen oder überstandene Erkrankung gibt, könne es der Bedarf für weitere Änderungen der bundesweiten Verordnung entstehen, betont die Bundesregierung.

Die Verordnung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Wie schnell dies geschieht, entscheidet die Bundesregierung.

Psychosoziale Prozessbegleitung

Schwerin – Mecklenburg-Vorpommern hat gemeinsam mit Baden-Württemberg zur Justizministerkonferenz 2021 einen Beschlussvorschlag zur Optimierung der psychosozialen Prozessbegleitung eingebracht.

„Bundesweit zeigt sich, dass der Rechtsanspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer schwerer Gewalt- und Sexualstraftaten, der von Mecklenburg-Vorpommern angestoßen wurde, ein wichtiges Mittel im prozessualen Strafverfahren geworden ist. Doch hat auch die Praxis gezeigt, dass dieser Rechtsanspruch stetig der Zeit angepasst werden muss. Daher habe ich mich einem Beschlussvorschlag meines Amtskollegen aus Baden-Württemberg angeschlossen.

Im Juni wollen wir die Justizministerinnen und Justizminister der Länder dafür gewinnen, gemeinsam die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz von weiteren Optimierungen zu überzeugen. Zum einen sollte die dreistufige Fallpauschale um zehn Prozent auf insgesamt 1.210 Euro angehoben werden, um gestiegene Gebührenkosten zu decken. Auch sollten psychosoziale Prozessbegleiterinnen und -begleiter künftig zusätzlich eine Pauschgebühr erhalten, wenn Umfang oder besondere Schwierigkeit der Sache über die eigentliche psychosoziale Prozessbegleitung in Strafsachen hinausgeht.

Und vor allem ist es bislang nicht gesetzlich vorgesehen, dass Prozessbegleiterinnen und -begleiter zum Termin der Gerichtsverhandlung eine Nachricht erhalten. Auch das sollte sich ändern“, sagt Ministerin Hoffmeister.

„Ich bin zuversichtlich, dass die JuMiKo diese drei wichtigen Punkte mittragen wird. Uns geht es darum, die derzeitige Überarbeitung der Regelung durch das Bundesministerium zu ergänzen. Hierfür brachten wir bereits erfolgreich ein, dass der Zugang zur psychosozialen Prozessbegleitung von Amts wegen ohne Antrag erfolgen soll. Geprüft wird ebenso, ob unter bestimmten Voraussetzungen bei erwachsenen Verletzten auf das unbestimmte Tatbestandsmerkmal der besonderen Schutzbedürftigkeit verzichtet werden kann, um so die Antragstellung zu erleichtern“, so die Justizministerin.

Bundesrat billigt Infektionsschutzgesetz

Berlin – In einer Sondersitzung hat der Bundesrat am 22. April 2022 das 4. Bevölkerungsschutzgesetz gebilligt, das vom Bundestag nur einen Tag zuvor verabschiedet worden war. Es kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet werden.

Der Bundestagsbeschluss führt eine bundesweit verbindliche Corona-Notbremse im Bundesinfektionsschutzgesetz ein: Sie gilt ohne weitere Umsetzungsakte in Landkreisen und kreisfreien Städten, die Sieben-Tage-Inzidenzen von über 100 Infektionen pro 100.000 Einwohnern an drei aufeinanderfolgenden Tagen aufweisen.

Automatisch greifen dann ab dem übernächsten Tag bestimmte, im Gesetz dezidiert aufgezählte Schutzmaßnahmen, ohne dass die Länder noch Verordnungen beschließen müssten. Genannt sind unter anderem Kontakt- und nächtliche Ausgangsbeschränkungen von 22 bis 5 Uhr, Restriktionen für Einzelhandel, Gastronomie, Hotels, Kultur-, Dienstleistungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen. Auch Ausnahmetatbestände für die Schutzmaßnahmen sind gesetzlich definiert. So ist Joggen und Spaziergehen bis 24 Uhr erlaubt, unter bestimmten Voraussetzungen auch Einkaufen mit Terminvergabe.

Ab einer Inzidenz von 100 wird für Schulen und Hochschulen Wechselunterricht verpflichtend – ab einer Inzidenz von 165 Distanzunterricht. Arbeitgeber sind gehalten, ihren Beschäftigten soweit wie möglich Homeoffice anzubieten.

Soweit Landesvorschriften bereits schärfere Maßnahmen vorsehen, bleiben diese bestehen. In Regionen mit stabilen Inzidenzen unter 100 können die Länder außerdem mit eigenen Verordnungen über Einschränkungen oder Lockerungen entscheiden. Die gesetzliche Notbremse ist bis zum 30. Juni 2021 befristet.

Außerdem im Gesetz vorgesehen: Verordnungsermächtigungen für die Bundesregierung, damit diese mit Zustimmung von Bundestag und Bundesrat weitere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Corona-Virus und besondere Regelungen für geimpfte oder negativgetestete Personen erlassen kann.

Flankierend wird das Kinderkrankengeld für gesetzlich versicherte Berufstätige um 10 zusätzliche Tage, für Alleinerziehende um 20 Tage ausgeweitet, damit diese ihre Kinder während pandemiebedingter Schul- oder Kita-Schließung zuhause betreuen können. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung grundsätzlich auch im Homeoffice erbracht werden kann. Erst im Januar hatte der Bundesrat – ebenfalls in einer Sondersitzung – der Erhöhung auf 20 bzw. 40 Tage für das Jahr 2021 zugestimmt.

Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten kann das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll im Wesentlichen am Tag darauf in Kraft treten.

Pflegereform entschlossen anpacken

Berlin – Sozialministerin Stefanie Drese hat sich heute im Bundesrat gegen Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für eine Pflegereform ausgesprochen. Drese erneuerte zudem ihre Forderung, bei einem der wichtigsten sozialpolitischen Vorhaben endlich die Länder in einem geordneten Verfahren zu beteiligen.

Die Ministerin betonte: „Wir brauchen die Reform schnell, aber wir brauchen keinen Schnellschuss. Denn eines zeigen die Eckpunkte und Arbeitspapiere des Bundesgesundheitsministeriums. Sie sind Alleingänge von Jens Spahn, die auf breite Kritik von Ländern, Verbänden, Betroffenen und der Praxis treffen. Sie sind aber auch in Reihen der Koalitionsfraktionen im Bundestag hoch umstritten: inhaltlich und finanziell.“

Als eines der dringendsten Probleme hob Drese den rasant steigenden pflegebedingten Eigenanteil hervor. Die notwendigen Verbesserungen in der Pflege dürften nicht nahezu ungebremst den Pflegebedürftigen und deren Familien in Rechnung gestellt werden.

„Wir brauchen eine verlässliche Regelung, die pflegebedürftige Menschen vor Altersarmut schützt. Denn es ist unwürdig, wenn Menschen am Ende eines langen Lebens mit 40 oder mehr Arbeitsjahren die Pflegekosten nicht mehr selbst bezahlen können und auf Sozialleistungen angewiesen sind“, sagte Drese. Bisherige Vorschläge des Bundesgesundheitsministeriums zur Kostendeckelung würden insbesondere für die meisten Pflegebedürftigen in den neuen Bundesländern überhaupt keine Entlastung bringen.

Den Vorschlag von Jens Spahn, den Leistungsanspruch in der Tagespflege um bis zu 50 Prozent zu kürzen, bezeichnete Drese als verheerend. „Die Kontaktbeschränkungen durch Corona haben uns doch aufgezeigt: Wenn der ambulante Pflegedienst der einzige soziale Kontakt ist, werden Pflegebedürftige einsam. Das raubt den betroffenen Menschen ihren Lebensmut.“ Die ohnehin schon aufzehrende Sorgearbeit pflegender Angehöriger würden ohne den vollumfänglichen Tagespflegeanspruch zudem noch schwieriger. Und die Anzahl der stationär versorgten Menschen würde deutlich zunehmen.

Drese: „Dieses Szenario, das den pflegepolitischen Grundsatz ambulant vor stationär in erheblichem Maße gefährdet, kann doch nicht das Ziel einer Pflegereform sein. Ich lehne diese Pläne entschieden ab.“

Das gesamte bisherige Verfahren zeigt nach Ansicht von Drese die Notwendigkeit, wie von der Arbeits- und Sozialministerkonferenz gefordert, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur zielführenden Vorbereitung einer Pflegereform einzusetzen. Drese: „Wir nehmen Eckpunktepapiere des Bundesgesundheitsministers aus der Presse zur Kenntnis, es werden Arbeitsentwürfe getwittert, von denen am Ende keiner etwas wissen will. Aus meiner Sicht ist das ein Affront gegenüber den Ländern aber auch allen anderen ehrlich interessierten und bemühten Akteuren.“

Deshalb richtete Drese einen Appell an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Packen Sie die Pflege endlich entschlossen an. In einem geordneten Verfahren. Im Dialog. Gemeinsam mit den Ländern. Ersparen Sie uns allen das Herumrätseln und Spekulieren, das der Bedeutung dieses Reformvorhabens unwürdig ist.“

Der Bundesratsantrag Mecklenburg-Vorpommerns wurde zur weiteren Beratung an die Ausschüsse verwiesen.

Mehr Kinder- und Jugendschutz im Internet

Berlin – Der Bundesrat hat 26. März 2021 eine Reform des Jugendschutzgesetzes gebilligt, die der Bundestag am 5. März 2021 beschlossen hatte. Sie soll einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet gewährleisten.

In einer begleitenden Entschließung fordert die Länderkammer die Bundesregierung allerdings zu einem konstruktiven Dialog über die Fortentwicklung des Gesetzes und insbesondere dazu auf, die in der Stellungnahme des Bundesrates vom 27. November 2020 (BR-Drs. 618/20 (B)) geäußerten konkreten Vorschläge zur besseren Verzahnung von Landes- und Bundesrecht zu berücksichtigen.

Das Gesetz führt das Konzept der Anbietervorsorge ein. Es verpflichtet Internetdienste, die für Kinder und Jugendliche relevant sind, angemessene und wirksame strukturelle Vorsorgemaßnahmen für eine unbeschwerte Teilhabe zu treffen. Anbieter müssen Voreinstellungen wählen, die Kinder und Jugendliche besonders vor Mobbing, sexualisierter Ansprache durch „Cybergrooming“, Hassrede, Tracking und Kostenfallen schützen.

Diese sollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche etwa bei Spielen oder in sozialen Netzwerken von Fremden nicht mehr einfach gefunden und angesprochen werden können. Weiter müssen Anbieter geeignete Schutzkonzepte wie altersgerechte Voreinstellungen und Hilfs- und Beschwerdesysteme für ihre junge Zielgruppe entwickeln und umsetzen.

Einheitliche Alterskennzeichen für Spiele und Filme auch online sollen für mehr Orientierung sorgen. Zur besseren Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutzes wird zudem die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien BPjM zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz weiterentwickelt. Dabei werden künftig auch die zunehmend für Kindern und Jugendliche relevanten ausländischen Anbieter in den Blick genommen.

Die Zentrale richtet einen zwölfköpfigen Beirat ein, der sich in besonderer Weise für die Verwirklichung der Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen einsetzt. Vorgesehen sind auch zwei Vertreter von Kinder- und Jugendverbänden, die nicht älter als 17 Jahre alt sein dürfen. Die Bundeszentrale kann Projekte durchführen oder fördern, die Eltern in die Lage versetzen sollen, die Mediennutzung ihrer Kinder zu begleiten und zu steuern.

Erleichterungen schafft das Gesetz beim Zugang von Kindern zu Kinos und öffentlichen Filmvorführungen. Das Recht, bei Filmen, die ab zwölf Jahren freigegeben und gekennzeichnet sind, auch Kindern ab sechs Jahren den Zutritt zur Vorführung in Begleitung zu ermöglichen, gilt nicht mehr nur für personensorgeberechtigte, sondern auch für erziehungsbeauftragte Personen. Damit will das Gesetz den flexibilisierten Lebensformen und der Zunahme von Patchworkfamilien Rechnung tragen.

Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt kann das Gesetz zügig in Kraft treten – zu Beginn des auf die Verkündung folgenden Monats.