Die Ministerin für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz Jacqueline Bernhardt sieht eine Lücke in der Gesetzgebung.
Schwerin – „Kern unserer Aufgabe als Gesetzgeberinnen, Gesetzgeber und als Mitglied der Landesregierung ist es, Verantwortung dafür zu tragen, dass die Würde jedes Menschen in diesem Land geschützt wird. Niemand darf zum bloßen Objekt gemacht werden. Frauen, Männer, Kinder und nicht-binäre Personen sollen frei und sicher leben können. Sexuelle Belästigung, insbesondere in verbaler oder nichtkörperlicher Form, ist keine Randerscheinung, kein Kavaliersdelikt und erst recht kein Missverständnis. Sie ist eine erhebliche sexuelle Belästigung, wenn sie gezielt darauf abzielt, Menschen einzuschüchtern, zu erniedrigen oder herabzusetzen.
Sie verletzt Intimsphäre und Selbstbestimmung und beschränkt die Freiheit, sich ohne Angst im öffentlichen Raum zu bewegen. Wer davon betroffen ist, trägt die Folgen oft lange. Betroffene ändern Wege, Kleidung, Routinen. Sie fühlen sich unsicher dort, wo andere sich frei bewegen. Studien zeigen: Mehr als die Hälfte aller Frauen hat solche Belästigungen erlebt, besonders häufig junge Frauen. Auch queere Personen sind deutlich überproportional betroffen. Das ist ein Zustand, der einer modernen, gleichberechtigten Gesellschaft nicht würdig ist“, erklärt die Ministerin für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz Jacqueline Bernhardt in ihrer Rede im Landtag zum TOP 36, Antrag der Fraktionen Die Linke und SPD „Schutz vor nicht körperlicher sexueller Belästigung verbessern“.
„Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz hat für nächstes Jahr einen Gesetzentwurf angekündigt, der gezielte Aufnahmen von bekleideten Körperpartien mit sexueller Motivierung im öffentlichen Raum unter Strafe stellen soll. Es ist gut, dass der Landtag diesem Vorhaben heute Rückendeckung gibt. Denn sexuelle Belästigungen, insbesondere in verbaler oder nichtkörperlicher Form, fallen nicht unter den Tatbestand der sexuellen Belästigung und auch nicht unter § 177 StGB, da keine körperliche Berührung vorliegt.
Wir brauchen deshalb eine rechtliche Erheblichkeitsschwelle, die klar festlegt: Dort, wo Menschen bewusst sexualisiert und eingeschüchtert werden, hat der Staat die Pflicht einzugreifen. Dass dies möglich ist, zeigt das Stalking-Recht, in dem eine solche Schwelle bereits ausgestaltet wurde. Andere europäische Staaten sind hier weiter: Länder wie Frankreich, Belgien oder die Niederlande haben nicht körperliche sexuelle Belästigung daher ausdrücklich unter Strafe gestellt. Es ist also keineswegs ein unüberwindbares rechtstechnisches Problem, sondern eine Frage des politischen Willens“, so Justizministerin Jacqueline Bernhardt.
„Besonders markant ist doch die Tatsache, dass noch immer zum Beispiel ein Mann einem elfjährigen Mädchen auf offener Straße widerlichste sexuelle Aufforderungen straffrei zurufen kann. Hier ist deutlich, dass es unsere Pflicht ist, das Gesetz zu ändern. Jede Art von Sexismus gehört verboten. Wir setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der sich alle Menschen frei, selbstbestimmt und sicher bewegen können, egal ob auf der Straße, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Die klare Botschaft an die Betroffenen ist, dass sie nicht allein sind und der Staat ihnen das Recht auf Schutz gewähren will. Für diejenigen, die nicht körperliche sexuelle Belästigung ausüben, soll die Zeit der Straflosigkeit vorbei sein. Wer andere erniedrigt oder einschüchtert, muss mit Konsequenzen rechnen“, fordert die Ministerin für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz Bernhardt im Landtag weiter.