20 Jahre Elbe-Flut

Rekordhochwasser in MV nehmen zu

Schwerin – Am Wochenende jährt sich das Elbe-Hochwasser, das auch in Mecklenburg-Vorpommern zu erheblichen Sachschäden führte, zum 20. Mal. Zwischen dem 21. und 23. August 2002 wurden am Pegel Dömitz Scheitelwasserstände von 657 cm und am Pegel Boizenburg von 645 cm gemessen. Tausende freiwillige Helfer, Hilfsorganisationen und die Bundeswehr haben im damaligen Landkreis Ludwigslust Deiche auf einer Länge von 30 Kilometer erhöht. Insgesamt wurden 2,6 Millionen Sandsäcke gefüllt, von denen 1,4 Millionen verbaut wurden.

„Den herausragenden Leistungen der vielen helfenden Hände und einem funktionierenden Hochwasserschutzsystem, das zwischen 1992 bis 2002 mit rund 38 Millionen Euro ertüchtigt wurde, ist es zu verdanken, dass eine größere Katastrophe ausgeblieben ist. Auch mehrere Dammbrüche oberhalb der Elbe im Raum Riesa und Magdeburg sowie die gesteuerte Havelpolderflutung haben dazu geführt, dass die Hochwasserwelle merklich abflachte und unser Land weniger schwer traf als anderswo. Dennoch sind hierzulande für die Hochwasserabwehr und erforderliche Sofortmaßnahmen Kosten in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro entstanden. Darüber hinaus wurde ein vordringlicher Sanierungsbedarf zur Beseitigung von Schwachpunkten an den Hochwasserschutzanlagen in Höhe von 13 Millionen Euro ausgewiesen. Der Schaden für die gewerbliche Wirtschaft, die Landwirtschaft sowie die staatliche und kommunale Infrastruktur betrug über 35 Millionen Euro“, teilte Umweltminister Dr. Till Backhaus heute in Schwerin mit.

Starke Niederschläge im Böhmerwald, Südböhmen und im Erzgebirge führten 2002 in zahlreichen Nebenflüssen der Elbe zu noch nie dagewesenen Hochwasserereignissen: „Die Niederschlagsmenge im Elbeeinzugsgebiet bis etwa in den Raum Wittenberge lag zum Teil weit über dem langjährigen Mittel für den Monat August. Insgesamt wurde durch einen etwa zehntägigen Regen eine nahezu hundertprozentige Bodenwassersättigung erzeugt. Auf diesen gesättigten Boden ging dann ein dreitägiger, das eigentliche Hochwasser auslösender Regen nieder. Die Hochwasserwellen vieler Flüsse in diesen Gebieten erreichten Wiederkehrintervalle von 500 bis 1000 Jahren. Für Dresden ergab die statistische Auswertung, dass es ein Hochwasserereignis mit einem statistischen Wiederkehrintervall von ca. 200 Jahren war“, informierte Minister Backhaus.

Er erinnerte an die dramatischen Bilder der übergelaufenen Talsperre Orlik in der Moldau, dem größten Zufluss der Elbe in Tschechien, überflutete Stadtteile von Prag, weggerissene Häuser im Müglitztal, der von der Weißeritz durchflossene Hauptbahnhof oder die im Wasser stehende Gebäude Semperoper und Zwinger in Dresden. In der Folge wurde durch Bund und Länder ein Aufbauhilfsfonds aufgelegt, der im Wesentlichen der Schadensbeseitigung und Sanierung von bestehenden Hochwasserschutzanlagen in den einzelnen Ländern diente. Zudem beschlossen die Elbeminister am 27.11.2009 den bis dahin geltenden Bemessungsabfluss für den Bau der Hochwasserschutzanlagen von 4000 m³/s auf 4545 m³/s am Pegel Wittenberge anzuheben.

„Dass diese Jahrhundertflut nur der Auftakt für eine in so kurzer Zeit noch nie dagewesene ganze Reihe weiterer Rekordhochwasser war, hätte niemand zu prognostizieren gewagt“, betonte Minister Backhaus. Bereits im Januar 2003 trat ein erneutes Hochwasser mit Wasserständen, die nur 30 cm unter der Augustflut von 2002 lagen, auf. Es folgten dann die Extremhochwasserereignisse im April 2006 mit Scheitelwasserständen von 664 cm in Dömitz und 676 cm in Boizenburg; im Januar 2011 mit 672 cm in Dömitz und 690 cm in Boizenburg und schließlich das Junihochwasser 2013 mit Scheitelwasserständen von bis zu 732 cm. „Innerhalb von 11 Jahren wurde das bis dahin größte Hochwasser von 1981 mit 611 cm gleich viermal übertroffen“, fasste er zusammen.

Die Gründe für die regelmäßig wiederkehrenden Hochwasserwerte seien einerseits im Klimawandel zu suchen, so Backhaus. Das sei aber nur die eine Seite der Medaille: Die verstärkten Investitionstätigkeiten (Sanierung und Verstärkung der Hochwasserschutzanlagen) am Oberlauf der Elbe hätten dazu geführt, dass mehr Wasser in kürzerer Zeit die Elbe hinuntergeflossen ist und für erhöhte Wasserständen bei den Unterliegern, wie Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, gesorgt hat.

„Deshalb freue ich mich, dass es gelungen ist, das Nationale Hochwasserschutzprogramm auf den Weg zu bringen. Mit diesem Programm wird es uns gelingen, den Oberlieger- Unterlieger- Ausgleich zu schaffen“, betonte Minister Dr. Till Backhaus. Das Programm sei durch die Umweltministerkonferenz als Reaktion auf die Hochwasserkatastrophe im Jahr 2013 beschlossen worden. Der Fokus liege nun auf überregional wirkenden Maßnahmen, wie Deichrückverlegungen und die Anlage neuer Flutpolder.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde unter Federführung des für die Hochwasserschutzanlagen an der Elbe verantwortlichen Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (StALU) ein an den neuen Bemessungsabfluss angepasstes Hochwasserschutzkonzept erstellt. Die Umsetzung erster Maßnahmen, wie die Ertüchtigung des Brodaer und Rüterberger Deiches im Bereich Dömitz sowie die Verbesserung des Hochwasserschutzes Boizenburg mit den beiden Teilprojekten „Rückdeichung Hafendeich“ und „Neubau Sude-Hochwassersperrwerk“ ist eingeleitet.

Für die Finanzierung des Hochwasserschutzprogramms zur Ertüchtigung der Anlagen auf das Bemessungshochwasser 1983, das mit der Sanierung des Deiches am Randkanal im Bereich Boizenburg 2015 seinen Abschluss fand, wurden rund 100 Millionen Euro aufgebracht. „Eine ähnlich hohe Summe werden wir auch für die Umsetzung des neuen Hochwasserschutzprogramms in die Hand nehmen, um die in der betroffenen Region lebenden rund 14.000 Menschen und materielle Werte von ca. 500 Millionen Euro weiterhin zuverlässig vor Hochwasser zu schützen. Einen absoluten Hochwasserschutz wird es trotz leistungsfähiger Hochwasserschutzsysteme aber nicht geben können. Die Natur lässt sich nicht vollständig beherrschen und elementare Naturereignisse lassen sich nur bedingt vorausberechnen. Hochwasserschutz und Hochwasservorsorgebleibt daher eine Daueraufgabe an 365 Tagen im Jahr“, sagte Minister Backhaus abschließend.

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