Ablehnung eines Eilantrags auf Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a Corona-Landesverordnung M-V (Beherbergungsbeschränkung auf 60%) sowie von § 4 Abs. 2 Sätze 3 und 4 Corona-Landesverordnung-M-V (Beherbergungsverbot für Gäste aus „Risikogebieten“)
Greifswald – Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom heutigen Tag in einem gerichtlichen Eilverfahren (Az. 2 KM 439/20 OVG) den Antrag auf Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a sowie Abs. 2 Sätze 3 und 4 der Verordnung der Landesregierung zum dauerhaften Schutz gegen das neuartige Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern (Corona-LVO MV) abgelehnt.
Nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung ist für die Beherbergung die Auflage umzusetzen, dass ab dem 25. Mai 2020 die Tagesauslastung bei gewerblichen Betrieben von Hotels, Pensionen, Gasthöfen, Ferienunterkünften, Jugendherbergen und Gruppenunterkünften auf jeweils insgesamt 60% der Betten begrenzt ist.
§ 4 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung untersagt es, Gäste aufzunehmen, die vor der Anreise keine verbindliche Buchung für mindestens eine Übernachtung oder ihren Wohnsitz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt haben, in dem oder in der in den letzten sieben Tagen vor der Einreise die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern höher als 50 ist. Satz 4 bestimmt eine Hinweis- und Dokumentationspflicht für die Betreiber.
Die Antragstellerin zu 1. ist Eigentümerin von Hotels auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst in M-V, die von der Antragstellerin zu 2. betrieben werden. Die Antragstellerinnen sind u. a. der Auffassung, die 60%-Regelung verletze Art. 3 GG, weil großräumige Hotels und kleine Pensionen gleichbehandelt werden würden. Zudem verstoße die Vorschrift gegen Art. 12 und Art. 14 GG. Das Verbot der Aufnahme von Gästen mit Wohnsitz in Kreisen mit erhöhtem Infektionsgeschehen sei nicht umsetzbar.
Der Senat hat den Antrag abgelehnt. Bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung erweise sich die angegriffene Regelung über die Beherbergungsbegrenzung auf 60% als mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Die angegriffene Norm genüge derzeit voraussichtlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insoweit habe der Verordnungsgeber einen Entscheidungsspielraum. Nach den gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolge die Übertragung des Virus überwiegend durch Tröpfchen-Infektion zwischen Menschen. Dazu komme es insbesondere bei körperlicher Nähe von Menschen im privaten und beruflichen Umfeld unabhängig von direktem Körperkontakt. Durch die Beschränkung der Auslastung auf 60% der Betten wolle der Verordnungsgeber zum einen eine Beschränkung von Kontakten in den Beherbergungsbetrieben selbst erreichen, zum anderen sollen auf diese Weise auch die Kontakte im Land Mecklenburg-Vorpommern verringert werden.
Die Regelung sei voraussichtlich auch erforderlich und angemessen. Die von den Antragstellerinnen vorgelegten Hygiene-Maßnahmepläne erfassten nur einzelne eng begrenzte Abschnitte des Aufenthalts der Touristen. Sie könnten der abstrakten Gefahr der touristischen Reisen und Aufenthalte im Land nicht gleich effektiv begegnen. Hinsichtlich dieser Entscheidung stehe dem Verordnungsgeber ein Spielraum zu. Die Beschränkung der Bettenzahl diene auch der Begrenzung der einreisenden und sich im Land Mecklenburg-Vorpommern aufhaltenden Touristen. Deshalb sei die im Bereich des Einzelhandels geltende Mindestverkaufsfläche pro Kunde von 10 m² auf Beherbergungsbetriebe nicht übertragbar. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber angesichts der hohen Anzahl von Touristen deren Zahl unter Beobachtung des weiteren Infektionsgeschehens nur schrittweise erhöhe, die Entwicklung stetig unter Berücksichtigung der Infektionszeiten beobachte und die Regelungen entsprechend anpasse. Der Hotelbetreiberin sei auch zumutbar, eine Auswahlentscheidung hinsichtlich der über die 60%-Grenze hinausgehenden Buchungen zu treffen.
Die Begrenzung auf 60% der Betten für die Betreiber von gewerblichen Beherbergungen verstoße auch nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der Verordnungsgeber gehe davon aus, dass bei privaten Anbietern von Ferienunterkünften wegen der geringeren Gästezahlen aus infektionsepidemiologischer Sicht eine erheblich geringere Gefahr bestehe. Das sei nicht zu beanstanden.
Auch die Vorschrift über das Beherbergungsverbot von Gästen ohne Übernachtungsbuchung bzw. aus Kreisen und kreisfreien Städten (§ 4 Abs. 2 Satz 3) sei voraussichtlich rechtmäßig. Diese Regelung sei geeignet und erforderlich, das Ziel der Verbreitung der Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus entgegenzuwirken, zu erreichen.
Die Außervollzugsetzung der Norm über die Hinweis- und Dokumentationspflicht für die Betreiber (§ 4 Abs. 2 Satz 4) sei jedenfalls nicht dringend geboten.