Brüssel – Ab sofort gilt für alle gewerblichen Fischer ein Fangverbot für Dorsch in weiten Teilen der Ostsee. Das hat die Europäische Kommission heute (Dienstag) beschlossen. Der Dorschbestand in der östlichen Ostsee schrumpft laut aktueller wissenschaftlicher Untersuchungen dramatisch; ihm droht der Zusammenbruch. Das Verbot tritt sofort in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2019.
EU-Fischereikommissar Karmenu Vella erklärte: „Ein Zusammenbruch der Dorschbestände hätte katastrophale Auswirkungen auf die Existenz vieler Fischer und Küstengemeinden im gesamten Ostseeraum. Wir müssen rasch handeln, um den Bestand zum Wohl der Fische und im Interesse der Fischer wieder aufzufüllen. Deshalb hat die Kommission als rasche Reaktion auf diese unmittelbare Bedrohung Sofortmaßnahmen erlassen. Eine weitere Aufgabe besteht jedoch darin, den Bestand und seinen Lebensraum langfristig angemessen zu bewirtschaften.“
Das Verbot gilt für alle Fischereifahrzeuge und in allen Gebieten der Ostsee, in denen der größte Teil des Bestands vorkommt (d. h. die Unterdivisionen 24-26), mit Ausnahme einiger spezifischer gezielter Ausnahmeregelungen.
Zuvor hatten einige Mitgliedstaaten bereits Maßnahmen ergriffen. Da diese jedoch keine einheitliche Herangehensweise in allen betroffenen Gebieten gewährleisten, und nicht alle Mitgliedstaaten beabsichtigen, nationale Maßnahmen zu ergreifen, sind nach Ansicht der Kommission weitere Sofortmaßnahmen erforderlich.
Das Fangverbot ist ein grundlegender erster Schritt, um den gefährdeten Bestand zu schützen, doch werden die Kommission und die Mitgliedstaaten auch langfristigere Maßnahmen in Betracht ziehen, wenn die Ministerinnen und Minister im Herbst zusammenkommen, um über die Fangmöglichkeiten im nächsten Jahr zu entscheiden. Aus Wissenschaftskreisen wird neben der Fangtätigkeit auch auf viele andere Faktoren hingewiesen, die den Bestand bedrohen und gesondert behandelt werden müssen, darunter der zu niedrige Salzgehalt, die zu hohen Wassertemperaturen und zu wenig Sauerstoff sowie Parasitenbefall.
Jüngste wissenschaftliche Untersuchungen haben die Besorgnis im Hinblick auf den Dorschbestand in der östlichen Ostsee noch verstärkt. Wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, könnte das dramatische Schrumpfen des Bestands zu dessen Zusammenbruch führen.
Internationale wissenschaftliche Gremien haben deshalb ein komplettes Fangverbot gefordert, um das Ruder herumzureißen.
Die zulässigen Fangmengen für Dorsch in der östlichen Ostsee sind seit 2014 bereits jedes Jahr gesenkt worden, und zwar von 2014 noch fast 65.000 Tonnen im Jahr 2014 auf etwa 24.100 Tonnen im Jahr 2019. Davon nahmen die Fischer in den vergangenen Jahren nur zwischen 40-60 Prozent der zulässigen Gesamtfangmenge in Anspruch, was vermutlich auf einen Mangel an Fischen in Handelsgröße zurückzuführen ist.
Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist das Volumen von handelsüblich großem Dorsch (mindestens 35 cm) derzeit auf dem niedrigsten Stand seit den 1950er-Jahren. Dieses Jahr haben die Fischer bisher rund 21 Prozent ihrer verfügbaren Quote ausgeschöpft.
Über 7000 Fischereifahrzeuge aus allen acht Anrainermitgliedstaaten fangen Dorsch in der östlichen Ostsee.
Im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik kann die Kommission auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder von Amts wegen Sofortmaßnahmen zur Minderung einer ernsthaften Bedrohung der Erhaltung der biologischen Meeresressourcen erlassen. Diese Maßnahmen dürfen höchstens sechs Monate lang gelten. In der Vergangenheit hat die Kommission bereits Sofortmaßnahmen zum Schutz gefährdeter Bestände ergriffen, insbesondere zum Schutz der Sardellen im Golf von Biskaya und des nördlichen Wolfsbarschs.