Neue Ergotherapie

Greifswald – Mit Unterstützung des Landes hat die Evangelische Krankenhaus Bethanien gGmbH Greifswald einen modernen Neubau für die ergotherapeutische Betreuung der Patienten errichtet. Gesundheitsminister Harry Glawe hat heute anlässlich der feierlichen Einweihung die verbesserten Bedingungen für die Mitarbeiter und Patienten hervorgehoben.

„Die optimale therapeutische Betreuung spielt für den Genesungsprozess der Patienten mit einer seelischen Erkrankung eine enorme Rolle. Dabei kommt dem therapiefördernden Umfeld und der personellen Ausstattung eine besondere Bedeutung zu“, betonte der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Harry Glawe. „Die Arbeitsbedingungen mit ausreichend Zeit und Möglichkeiten für den Patienten sind auch ein gutes Argument für die Gewinnung von jungen und motivierten Fachkräften.“ Die Eröffnung konnte der Minister aus terminlichen Gründen nicht vor Ort wahrnehmen.

Die Gesamtinvestitionen für den Neubau des Ergotherapiegebäudes betrugen rund 1,5 Millionen Euro. Das Wirtschafts- und Gesundheitsministerium hat das Vorhaben in Höhe von einer Million Euro unterstützt. „Mit Hilfe der Landesförderung konnten wir die Rahmenbedingungen für die begleitende Ergotherapie maßgeblich verbessern und auf Spitzenniveau heben. Das kommt unseren Patienten direkt zugute“, hob Dr. Hanns-Diethard Voigt, Geschäftsführer der Evangelischen Krankenhaus Bethanien gGmbH hervor.

Nach einjähriger Bauzeit mit ausschließlich regionalen Firmen wurde der Neubau im Sommer bezogen und eingerichtet. Notwendig wurde dieser, weil die damalige Unterkunft in einem schwedischen Holzbau aus dem Jahr 1963 nicht mehr den medizinischen Erfordernissen einer modernen Ergotherapie entsprach. Nun ist Platz auf 630 Quadratmetern für bis zu 200 Patienten täglich. Dafür stehen in dem energetischen Flachbau acht helle Werkräume, ein Raum für das Gedächtnistraining sowie Sozial-, Lager- und Nebenräume und eine Tischlerei zur Verfügung. Besonders stolz sind die Ergotherapeuten auf ihren hochmodernen Brennofen für Keramik und ihre Tischlerwerkstatt.

Geleitet wird das Team von Julia Skladny. Als die Ergotherapeutin 1998 zur Odebrecht-Stiftung kam, hatte sie sechs Kollegen. Inzwischen steht sie an der Spitze eines 21-köpfigen Teams, das nach dem Leitspruch von Abraham Lincoln arbeitet: „Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie tut, was sie selbst tun können.“

„Nach der interdisziplinären Besprechung mit den Fachärzten im Krankenhaus können wir für unsere Patienten individuell passende Kurse und therapeutische Maßnahmen anbieten, um ihre gesundheitliche Situation zu verbessern“, so Julia Skladny. „Dabei geht es oftmals um Aktivitäten des täglichen Lebens wie Kochen, Spazieren und sportliche Bewegung und ein gezieltes Wahrnehmungs- und Genusstraining. Darüber hinaus steht ein breites Spektrum an kunst- und handwerklicher Gruppenarbeit zur Auswahl, wie beispielsweise Körbe flechten, Ton- und Specksteingestaltung, Malerei, Textil- und Mosaikarbeiten. Unser Kernanliegen ist es, die gesunden Seiten zu betonen und den Patienten aufzuzeigen, was sie alles tun können, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen“, unterstrich die 56-Jährige.

„Unsere Ergotherapeuten arbeiten stationsbezogen, so dass sie mit den jeweiligen Krankheitsbildern vertraut sind“, erklärte Julia Skladny. „Die werden durch die zunehmende Demenz, gesellschaftlichen Stress und ein verändertes Suchtverhalten immer komplexer und anspruchsvoller, so dass eine Spezialisierung Sinn macht. Für viele Patienten ist die Ergotherapie und die Arbeit in einer Gruppe der erste Schritt wieder zurück in den Alltag.“

Rund 2.000 Frauen und Männer ab 18 Jahren absolvieren jährlich eine ergotherapeutische Behandlung in der Odebrecht-Stiftung. Der größte Teil der Patienten kommt aus dem stationären Bereich, fast 90 Prozent der dortigen Patienten mit einer durchschnittlichen Liegezeit von 20 Tagen nehmen eine ergotherapeutische Behandlung in Anspruch. Betreut werden auch ambulante Patienten und Patienten der psychiatrischen Tageskliniken. Die Arbeit mit den Patienten findet in der Regel in kleinen Gruppen von fünf bis zehn Personen, teilweise auch direkt auf den Stationen statt. Dabei ist die räumliche Nähe zum Krankenhaus ein großer Vorteil.

Auch wenn die Ergotherapie ihren Ursprung in der Psychiatrie hat, kommt sie doch inzwischen überall dort zum Einsatz, wo funktionelle Beeinträchtigungen auftreten, so unter anderem in der Kinderheilkunde und in der Schlaganfallrehabilitation. Das noch relativ junge Berufsbild des Ergotherapeuten mit einer dreijährigen Ausbildungszeit unterliegt dabei einer ständigen Weiterentwicklung und Wandlung. In Deutschland wurde erst 1953 die erste Lehreinrichtung für Ergotherapie, damals noch unter dem Begriff „Beschäftigungstherapie“, in Hannover gegründet.

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